2011 - Raus aus der Krise ? Oder tiefer hinein ?

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

 

Gemessen am BIP ist der Einbruch von 2008 in diesem Jahr zu etwa drei Vierteln ausgeglichen worden - anders gesagt: Der Stand von 2008 ist immer noch nicht wieder erreicht. Die Krise ist deswegen nicht zu Ende. 2010 war vermutlich eine Zwischenerholung. Diese ist in den meisten entwickelten kapitalistischen Staaten bei weitem nicht so deutlich ausgefallen wie in Deutschland. Die Volkswirtschaft einiger westeuropäischer Staaten schrumpfen sogar weiter.

 

Wenn von Wachstum die Rede ist, ist zuallererst zu konstatieren: Für die Masse der Bürger, die Lohnabhängigen, wächst da garnichts. Die Reallöhne stagnieren oder sinken weiterhin. Nominelle Erhöhungen werden aufgefressen von den allfälligen Erhöhungen der Abgaben an den Staat -erhöhten Steuern etwa für Treibstoff und Tabak, höhere Preise für kommunale Dienstleistungen und öffentliche Verkehrsmittel etc. .In den nicht durch Tarifverträge geschützten Bereichen der Lohnarbeit breiten sich Hungerlöhne aus, die selbst bei einem Vollzeitjob kein normales Leben mehr sichern. Ein wachsendes BIP bedeutet nicht, dass die Masse der Bürger wieder besser lebt. Steigerungen in der Binnennachfrage kommen nicht aus dem Massenkonsum, sondern aus Investitionen, die am Export hängen oder von staatlichen Programmen finanziert sind.

 

Die deutsche "Export-Offensive" schädigt die umliegenden Volkswirtschaften des EU-Raums im selben Mass, in dem sie das deutsche BIP verschönert. Produktionssteigerungen der deutschen Exportindistrie stehen entsprechende Produktionsrückgänge in den Zielländern deutschen Exports gegenüber. Die Offensive hat daher Grenzen: die weitere Verschuldungsfähigkeit der Kunden der deutschen Exportindustrie.

 

Dass die "Offensive" überhaupt in dem 2010 gegebenen Umfang funktioniert, liegt an den Ansatzmöglichkeiten vor allem in den asiatischen sogenannten Schwellenländern. Die deutschen Exporte in diese Zielländer lagen 2010 um fast die Hälfte höher als 2007, während die in andere Wekltregionen immer noch unterhalb des Niveaus von 2007 liegen. Eine entscheidende Rolle spielt dabei vor allem China. Verglichen mit dem Stand von 2007 konnte der Export nach China 2010 nahezu verdoppelt werden.

 

Da China verstärkt versucht, den Handelsbilanzüberschuss zu vermindern, also die Importe stärker zu erhöhen als die Exporte, ist in dem Fall mit einem weiterhin mehr oder weniger stabilen Absatzmarkt zu rechnen. Aber im allgemeinen sind die Auftragseingänge für Exportgüter nach anderen Zielländern seit Herbst rückläufig. Das "Exportwunder" wird 2011 nicht anhalten.

 

Die Krise des weltweiten Finanz- und Währungssystems ist in keiner Weise bereinigt. Die Staaten haben zwar den fälligen Zusammenbruch der Banken und sonstigen Spekulationsinstitute bisher verhindern können, aber um den Preis entsprechend höherer Staatsverschuldung und "Geldschöpfung". Diese Verbindlichkeiten - von privaten in staatliche verwandelt -, sind so abenteuerlich hoch, dass ein geordnetes Zurückführen völlig unwahrscheinlich ist. Wahrscheinlich ist vielmehr, dass ein Teil dieser Schulden abgeschlagen werden muss und dass das Zerreissen der Kreditketten und die Entwertung v.a. des irrsinnig aufgeblähten US-Dollars katastrophisch wird und dies auch die "Realwirtschaft" in die Depression reisst, die nach dem Ausbruch der Krise 2007/2008 gerade noch verhindert bzw. durch staatliche Massnahmen gemildert werden konnte. Die Staaten und Zentralbanken haben ihr Pulver so ziemlich verschossen. Noch einmal ein paartausend Billionen "Geldschöpfung" würde die Zettel und Kontostände vollends als Voodoo-Zauber lächerlich machen.

 

Der Zeitpunkt, an dem sich erweisen wird, dass die zirkulierenden Zettelgebirge nicht als Kapital funktionieren, sondern fiktive Reichtumsansprüche sind, wird unweigerlich kommen. Die Kunststücke des "Verstetigens" der Lösung des Widerspruchs zwischen papierenen Reichtumsansprüchen und tatsächlich vorhandenem Reichtum - einem Widerspruch in der Grössenordnung eines Verhältnisses irgendwo zwischen 1:5 und 1:10 - sind im wesentlichen vorgeführt. Das Spiel ist aus. Die Frage ist nur, ob 2011 oder ein wenig später.

Veröffentlicht in Weltwirtschaftskrise

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren:
Kommentiere diesen Post