USA: auf gefaehrlichem Weg

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

Vor einer Woche hielt Obama eine bemerkenswerte Rede. Obwohl mit einer Vorsicht, die zeigt, wie stark der Druck der Rechten auf ihn ist, sprach er einge deutlichen Warnungen aus. Die Regierung Bush habe "nur zu oft ... die Tatsachen und Beweise verdreht, um sie den ideologischen Praemissen anzupassen". "Die Entscheidungen, die in den vergangenen acht Jahren getroffen wurden, haben im Kampf gegen den Terrorismus zu einer juristischen ad-hoc-Haltung gefuehrt, die weder wirkungsvoll noch tragbar war, ein Rahmen, der sich nicht auf unsere juristischen Traditionen und erprobten Einrichtungen stuetzen konnte, und der nicht unsere Werte als Kompass nutzte." Die Bush-Regierung habe "die Herrschaft des Rechts" untergraben. Das lasse sich so zusammenfassen: "Alles ist erlaubt. Ihre Argumente gehen davon aus, dass das Ziel der Terrorbekaempfung jedes Mittel rechtfertige, und dass der Praesident eine Blanko-Autoritaet haben muesse, um zu tun, was immer tun wolle ..."

Wenige Minuten nach Obama redete Cheney. Es heisst, Obama sei hinterbracht worden, was Cheney sagen wuerde, und er sei ihm mit seiner Rede knapp zuvorgekommen. Cheney ging Obama in einer Weise an, die bisher in den USA im Umgang mit dem Praesidenten nicht ueblich war. Er bezichtigte Obama, den "nationalen Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten" zu schaden. Die Formulierunge lagen knapp vor dem Vorwurf des Vaterlands-Verrats. Cheney drohte: "Ich wuerde der Regierung raten, sich ueber den bevorstehenden Kurs sorgfaeltig zu besinnen." - Wenn nicht "Besinnung" im Sinn der Verbrecher-Clique um Bush-Cheney, was dann ? Das liess Cheney sozusagen in der Luft haengen. Aber dass es sich um eine Drohung handelte, war unverkennbar.

Der Machtblock aus Ruestungskonzernen, rechten Politikern und fanatischen Ideologen, funamentalistischen Christen, Militaers, den rechten Netzwerken in den siebzehn Geheimdiensten und den Apparaten des "Heimatschutz"-Ministeriums droht - aus dem Mund Cheneys. Der ausufernde Staatsapparat, der unkontrollierbar mit den Interessen des grossen Geldes verwoben ist, ist dabei, sich von seiner demokratischen Legitimation zu emanzipieren und ihm drohend gegenueber zu treten. Das ist das "politische Klima", das anderswo  faschistische Putsche vorbereitet. Unter Bush erfolgte der Uebergang zu einer Politik - nach aussen wie nach innen -, die Verfassung und Rechtsnormen ignoriert und an ihre Stelle Willkuer und barbarische, verbrecherische Handlungen setzte.

Die USA befinden sich nicht erst seit Bush auf dem Weg von der buergerlichen Demokratie zu einem autoritaeren Staat, der mehr und mehr in einem "rechtsfreien Raum" agiert und immer oefter Mittel einsetzt, die fuer faschistische Regime typisch sind. In den USA herrscht noch nicht der Faschismus. Aber wie weit sich die "Achse des politischen Lebens" bereits nach rechts verschoben hat, zeigt die erste Phase von Obamas Amtsfuehrung selbst. Die Wahl Obamas drueckte das verbreitete Unbehagen ueber die Rechtsentwicklung aus. Obama wurde gewaehlt, weil er versprach, zu den verfassungsmaessigen Normen zurueckzukehren. Gewaehlt, agiert er gegenueber der Rechten vorsichtig, macht Konzessionen, die seine Wahlversprechen blamieren. Es gibt keinen politischen Bruch mit den Kriegsverbrechern und Politgangstern, die Bush und Cheney repraesentieren. Die Verbrechen werden nicht juristisch aufgearbeitet. Im Gegenteil: Die rechtswidrigen Praktiken werden forgesetzt.

Ob Obama getaeuscht hat oder ob er gegen die Rechte nicht ankommt, ist eine zweitrangige Frage. Erstrangig ist, dass seine Wahl zeigt: Die einfache Wahl eines halbwegs fortschrittlich auftretenden Praesidenten kann dem Ausgreifen diktatorischer Zuege des USamerikanischen Staatsapparats schon nicht mehr den Weg verlegen. Das ist der Preis der imperialistischen Aussenpolitik, der angemassten Rolle des Weltpolizisten. Der vermessene diktatorische Anspruch nach aussen produziert auch die Tendenz zur offenen Diktatur nach innen. Und es sind keine Kraefte sichtbar, die willens und in der Lage waeren, das zu stoppen und die USA auf einen anderen Weg zu bringen. Obama will oder vermag das nicht. Der wahnsinnig gewordene Nationalismus, der einen Terroranschlag zur nationalen Tragoedie umfantasiert, der aus Strauchdieben und kleinen Warlords irgendwo in den Armutsgebieten des Planeten eine "Gefahr fuer die USA" macht und die Hegemonie der USA als legitim und quasi natuerlich betrachtet, ist bereits tief auch in die Demokratische Partei, in das gesamte gesellschaftliche Bewusstsein vorgedrungen. Das ist eine schlimme Entwicklung, fuer die Welt und fuer die Buergerinnen und Buerger der USA selbst. 

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