Deutschland: Bananenrepublik oder aufstrebender imperialistischer Staat ?

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner



Bezug:

http://www.mein-parteibuch.com/blog/2009/12/07/these-deutschland-ist-eine-von-den-usa-beherrschte-bananenrepublik/    
und
http://kritische-massen.over-blog.de/article-deutschland---bananenrepublik-der-usa-oderimperialistischer-staat-mit-weltmachtambitionen-40611009.html

Eingrenzung der Differenzen:

Die USA sind heute die Welt-Hegemonialmacht. Als solche ueben sie auf praktisch alle Staaten Einfluss aus, zwingen Staaten in Buendnisse unter ihrer Fuehrung, mischen sich in die inneren Angelegenheiten ein, unterwuehlen missliebige politische Bewegungen, schaffen Pseudo-Bewegungen zum Zweck der Verwirrung und Ablenkung, formen mit ihrer Medienmacht das Alltagsbewusstsein in der "westlichen Welt" und darueber hinaus, erpressen, sanktionieren und drohen im Bedarfsfall mit ihrem Militaer oder setzen es ein. Sie erklaeren offen, dass sie nicht zulassen wollen, dass eine andere Macht auf gleiche Augenhoehe kommt.

Fuer die Hegemonialstellung der USA ist Europa erklaertermassen eine Schluesselregion. Der Verlust der politischen Vormundschaft wuerde diese Stellung erschuettern und auch ihre Position im Nahen und Mittleren Osten und Afrika gefaehrden.

Das stellt die Aussenpolitik der BRD (zunaechst Westdeutschlands und jetzt "Gesamtdeutschlands") in einen ziemlich zwngenden Rahmen, der nicht so leicht verlassen werden kann. Das gilt auch fuer heute, also die Zeit nach dem Zusmmenbruch der Nachkriegsordnung, und fuer die absehbare Zukunft. Deutschland muss, wie andere europaeische Staaten vergleichbarer Groessenordnung, seine Staatsraeson hauptsaechlich innerhalb des von den USA gesetzten Rahmens verfolgen. Das tut es unter Ausnutzung des gegebenen Spielraums bis an dessen Grenzen. Wo deutsche Aussenpolitik darueber hinausgeht, faengt faktisch die Gegnerschaft zu de USA an und kann angesichts des Kraefteverhaeltnisses nur mit grosser Vorsicht getan werden.

Zu den Differenzen:

Die deutsche (Gross-)Bourgeoisie ist keine Kompradorenborugeosie im Dienst der USA. Im Gegensatz zu den Bourgeoisien in den Bananenrepubliken, die im wesentlichen blosse Hehlerfunktionen fuer die Beraubung der Ressourcen ihrer Laender ausueben, verfolgt die deutsche Bourgeoisie eigene, wohldefinierte Interessen. Die lateinamerikanischen Oligarchen-Clans haben praktisch kein "nationales" Interesse, kein Interesse an wirtschaftlicher Entwicklung ihres Landes oder eigene Machtmbitionen nach aussen. Die deutsche Bourgeosie schon. Das gilt auch, wenn und soweit sie, bzw. der deutsche Staat, zu den USA in einem Vasallenverhaeltnis steht. Wo und soweit sie in ein solches gezwungen ist, verfolgt sie ihr "nationales" Interesse im Rahmen dieses Verhaeltnisses - und SIEHT NICHT VON IHM AB.

Ausgangslage nach der bedingungslosen Kapitulation, dem Untergang des Deutschen Reichs und der Besetzung Deutschlands durch die Alliierten:

- Wiederherstellung der deutschen Staatlichkeit, "retten, was zu retten ist",

- Ueberleben und Konsoldierung der deutschen Banken und Konzerne, Wiederaufbau der Wirtschaft als Unterbau kuenftiger auch wieder politischer Kraeftigung,

- Fernziel (damals), wieder zu einer "normalen Macht" zu werden, die "iwe alle anderen" ihre Interessen "selbstbewusst und ohne falsche Scham" wieder wahrnehmen kann.

Das konnte infolge des Kriegsergebnisses nur mittels der Unterwerfung unter die US-Vorherrschaft betrieben werden.

Etwa vier Phasen:

1. Unmittelbare Nachkriegszeit bis 1949: Wiederherstellung formaler Staatlichkeit

2. Konsolidierung der Banken und Konzerne, wirtschaftlicher Wiederaufstieg, unter Akzeptanz und sogar Nutzung des Eindringens von US-Kapital in die deutsche Wirtschaft, linientreue Gefolgschaft in Sachen Kalter Krieg und rollback (deren Erfolg Deutschland, unabhaengig von den USamerikanischen Absichten, nur nutzen konnte), Wiederbewaffnung unter US-Kontrolle und Integration in die NATO. Herstellung eines BRD-Staatsbewusstseins.

3. Ab Ende der 1960er Jahre die "Problemstellung" "Wir sind wirtschaftlich ein Riese, politisch aber ein Zwerg". Daran hat man sich ungefaehr drei Jahrzehnte lang abgearbeitet. Hier die erste grosse deutsche aussenpolitische Initiative, die nicht NUR arbeitsteiliger Part im Rahmen des roll back war, sondern AUCH schon in gewissem Mass "originaer-deutsch": die neue Ostpolitik, "Wandel durch Annaeherung". Die von den USA auf Basis des "Stabeins" militaerischer Bedrohung der COMECON-/Warschauer-Pakt-Staaten ("Vorwaertsverteidigung", Erstschlags-Doktrin) als "Spielbein" betriebene KSZE (OSZE)-Politik bettete diese Initiative zwar in die US-Vormundschaftspolitik gegenueber Westeuropa ein, das "deutsche Element" darin war aber bereits bedeutend.

4. Mit dem Zusammenbruch der Nachkriegsordnung und der Annexion der DDR ist der Widerspruch "Wirtchaftlich ein Riese, poitisch aber ein Zwerg" im wesentlichen abgearbeitet. Die BRD (jetzt "Gesamtdeutschland") ist wieder so ziemlich eine "normale Macht unter anderen Maechten".  Der Zusammenbruch der europaeischen Nachkriegsordnung bedeutet, dass die Macht- und Einflussphaeren neu austariert werden "muessen". An diesem "Spiel" nimmt Deutschland seit zwei Jahrzehnten mit eigenstaendigen Zielsetzungen teil. Die US-Vormundschaft ueber Europa - jetzt sogar bis an die russische Grenze - bleibt bis heute bestehen, die NATO erzwingt immer noch die miliataerische Unterordnung unter die USA. Aber Deutschland ist inzwischen auf gleicher Augenhoehe mit Frankreich und Grossbritannien, und es ist sogar staerker als diese beiden, nach Deutschland in Europa staerksten, Staaten. Es hat in der Konkurrenz mit v.a. US-Kapital, danach franzoesischem und britischem, in den schwachen osteuropaeischen Staaten die Nase vorn und nimmt, zum Teil via EU, zum Teil im "nationalen Alleingang" politischen Einfluss auf diese Staaten, inklusive in einigen Faellen kaum noch verdeckter Einmischung in deren innere Angelegenheiten.

Das ist ungefaehr der Stand. Der ist so, dass das "enge Verhaeltnis" zu den USA immer noch unabdingbar ist, die eigene Machtentfaltung im wesentlichen in diesem Rahmen erfolgen muss, also immer noch ihre vormundschaftlichen Grenzen hat. Aber in diesem Rahmen, und immer oefter hart an dessen Grenze und in einzelnen Faellen diesen schon sprengend, betreibt Deutschland eine relativ eigenstaendige Machtpolitik im eigenen Interesse (im Interesse der deutschen Bourgeoisie), wie das Frankreich und Grossbritannien iim Rahmen ihrer Moeglichkeiten auch tun. Eben deswegen ist Deutschland heute eine mittlere imperialistische Macht, wie Frankreich und Grossbritannien. Damit ist Deutschland nicht saturiert. Die Ambitionen sind groesser.

Veröffentlicht in Deutschland

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K
<br /> <br /> Eine Meinung, meine Meinung.<br /> <br /> <br /> Der Stand der Dinge, so besehen zwei Standpunkte und wie so üblich gibt es Übereinstimmungen wie auch trennendes. Wenn nun dieses Land partiell die Politik der USA unterstützt, so bedeutet<br /> dies doch lange noch nicht, dass es dieses auch muss! Die viel bezeugte Abhängigkeit durch den Katzenfreund löst sich eigentlich in ein ganz anderes Abhängigkeitsverhältnis auf, welches in der<br /> Geschichte des Kapitalismus schon die verschiedensten Bündnisse hervorgebracht hat. Es geht um Macht zur Durchsetzung von Interessen, da haben die USA und die Bundesrepublik gegenwärtig mehr<br /> gemeinsame Ziele, als trennende. Oder richtiger, die Bourgeoisie der beiden Länder hat durchaus gemeinsame Interessen, was Deutschland als Hegemonialmacht in Europa natürlich nicht daran hindert<br /> auch gegensätzliche Interessen zu vertreten. In diesem Zusammenhang und gerade um von den verschiedensten Erscheinungen zum Wesentlichen zu gelangen, sollte die allgemeine Krise des Kapitalismus nicht aus dem Blick verloren werden. Diese ist gerade heute entscheidend<br /> für die praktizierte Politik der verschiedensten Staaten und Staatensysteme. Die verschiedensten Widersprüche in diesem System spitzen sich zu und um diesen zu begegnen gibt es die<br /> verschiedensten Möglichkeiten, welche, wie die Vergangenheit bewiesen hat, unter kapitalistischen Bedienungen, letztendlich zur weiteren Verschärfung der Probleme führten. Das in diesem<br /> Zusammenhang, und auch gerade unter Berücksichtigung internationaler Verflechtungen, ein jeder versucht soviel Einfluss wie möglich auf seinen Partner, wie auch Gengegner auszuüben, ist dabei all<br /> zu verständlich und nicht verwunderlich. Letztendlich geht es um Macht und neben gemeinsamen Interessen gibt es eben auch gegensätzliche. Das System des Kapitalismus ist in erster Linie ein<br /> System, welches auf Misstrauen, Interessenkonflikten und Anarchie basiert. Gerade in der Beziehung USA – BRD, aber auch USA – EU, tritt diese Widersprüchlichkeit besonders gut zu tage. Auf der<br /> eine Seite befindet man sich in einem militärischen Bündnis mit den USA und man bedient sich gern gerade derer militärischen Potenziale, auch zur Durchsetzung eigener Interessen und zum anderen<br /> ist man bestrebt Europa selbst Hoch zurüsten, wozu mit dem Lissabonvertrag die Voraussetzungen geschaffen wurden.<br /> <br /> <br /> Des Weiteren handelt es sich hierbei auch nicht um ein Problem irgendwelcher Eliten, vielmehr sind diese Mittel zum Zweck, sondern um Kapitalinteressen, um eine Optimierung der<br /> Kapitalverwertungsbedingungen. Auch hat Schröder nicht gerade Politik gegen die USA gemacht, wie behauptet, nur weil die BRD keine Truppen in den Irak schickte, eher waren die Rahmenbedingungen<br /> in der Bundesrepublik für einen solchen Einsatz noch nicht geschaffen. Dieses hielt andererseits nicht davon ab den Krieg mit Geld, Spürpanzern und Geheimdienstleuten zu unterstützen. Nicht zu<br /> vergessen das Schröder diese „Nichtbeteiligung“ seine Wahl rettete. Somit haben nicht die USA ihn abgesägt, sondern seine Weigerung Krieg zu spielen, hat ihn noch im Amt gehalten. Wie schon<br /> geschrieben, die Zusammenarbeit mit den USA war aber auch in diesem Fall gegeben. Und vielleicht würden die USA gern in Deutschland den Rahmen abstecken und es möge ihnen sogar gelingen, aber nur<br /> wenn dieses zugelassen und von deutscher Seite gewollt wird. Das Kapital ist international, es hat keine Heimat und welchen Staat es zur Durchsetzung seiner Interessen nutzt, ist eigentlich egal,<br /> solange er sich nutzen lässt. Somit muss die deutsche Linke auch nicht an zwei Fronten kämpfen, wie der Katzenfreund  vermeint, sondern nur an einer! Dieses hält aber nicht automatisch davon<br /> ab an der falschen Front zu kämpfen und gegen ihre eigenen Interessen zu agieren. So kann es z.B. eigentlich nicht im Interesse der Linken sein, für die herrschende Klasse deren Kämpfe um eine<br /> Vormachtstellung zu führen. Der moderne Nationalstaat ist eine bürgerliche Einrichtung zur Wahrung und Durchsetzung der Interessen des Kapitals und dieses nach innen, wie nach außen. Das sollte<br /> nicht vergessen werden und wie schon geschrieben, Kapitalinteressen sind keine homogenen Interessen, und es gibt  neben dem Grundwiderspruch des Kapitalismus eben auch den Widerspruch<br /> zwischen Proletariat und Bourgeoisie, den Widerspruch zwischen den imperialistischen Mächten und den Entwicklungsländern, sowie den Widerspruchs zwischen den imperialistischen Staaten. Also ist<br /> für jedem etwas dabei und so werden die USA und die BRD, im Verein mit den anderen imperialen Mächten und im Interesse des Kapitals, ihre Interessen gemeinsam gegen den „Rest der Welt“ versuchen<br /> durchzusetzen, selbes trifft ebenfalls im Falle des Proletariats zu. Dieses wird sie aber nicht daran hindern zu versuchen auch gegeneinander Interessen durchzusetzen. Es gibt kein einfaches<br /> Schema von Gut und Böse und Böse und Gut, die Widersprüche innerhalb der kapitalistischen Gesellschaftsformation sind sehr vielschichtig, genau wie die Interessen, welchen diese entspringen.<br /> <br /> <br /> Hier geht es um ein interessantes Thema, welches oberflächlich nicht zu klären ist und schon gar nicht wenn die Interessen, welche hinter den Widersprüchen stehen, keine Berücksichtigung<br /> finden und die Ursachen an falscher Stelle gesucht oder gesehen werden.<br /> <br /> <br />  <br /> <br /> <br /> <br /> <br /> <br /> <br />
Antworten
S
<br /> <br /> Nachdem ich so lange technisch getiltet war, ist ueber diesen Diskussionsansatz wohl die Zeit hinweggegangen. Aber da er inhaltlich nicht erledigt ist, wird sich schon wieder eine Gelegenheit<br /> ergeben. Danke fuer Deinen Beitrag.<br /> <br /> <br /> <br />
K
<br /> >Das ist ungefaehr der Stand. Der ist so, dass das "enge Verhaeltnis" >zu den USA immer noch unabdingbar ist, die eigene Machtentfaltung im >wesentlichen in diesem Rahmen erfolgen muss,<br /> also immer noch ihre >vormundschaftlichen Grenzen hat. Das ist genau der Punkt, den ich bei der Diskussion besonders wichtig finde. Damit sind wir uns sehr einig. Es gibt in der deutschen Elite<br /> Bestrebungen, diesen Dominanzbereich zu verlassen, und diese Bestrebungen laufen insbesondere auf eine konservativ-christlich-adelige EU-Seilschaft raus. Aber derzeit, und noch auf unabsehbare Zeit<br /> in der Zukunft, sind es nicht die nationalen Eliten, sondern die USA, die in Deutschland bestimmen, wo es lang geht. Wo wir eine Differenz haben, ist bei der Einschätzung, dass Deutschland eine<br /> "Macht" wie UK oder Frankreich ist. Unsere Einschätzung ist das Gegenteil: Deutschland ist eher ein Proxy der USA, der gegen diese weitaus selbständigeren Mächte wirkt. UK und - seit de Gaulle -<br /> insbesondere Frankreich agieren sehr viel unabhängier von den USA als Deutschland. Auch die Bananenrepublik passt sehr weitgehend: in Deutschland hat Shröder drei Jahre lang Politik gegen die USA<br /> machen können, bevor US-Vasallen ihn abgesägt haben, in Honduras hat Zeleya nur wenig weniger zeit für Politik gehabt. Das Unterscheidungsmerkmal, dass die Eliten in Deutschland an die Nation<br /> denken, halte ich für eine Illusion: in Deutschland interesseieren sich die Eliten genausowenig für die Nation wie es die Eliten der Bananenrepublik Honduras tun. Allerdings ist richtig, dass<br /> Deutschland größer und stärker als diese Bananenrepublik ist. Das ist aber aus unserer Sicht eher nebensächlich. Der entscheidende Punkt ist, dass die USA in Deutschland die Macht haben, den Rahmen<br /> abstecken. Für linke Bewegungen in Deutschland bedeutet das, es mit zwei Fronten gleichzeigt aufnehmen zu müssen: einerseits mit der imperialistischen Weltmacht USA und andererseits mit den<br /> nationalen Eliten, die deren Platz einzunehmen wünschen. Die US-Front dabei auszublenden, kann nur schief gehen. Im Gegenteil: Eine Perspektive ergibt sich aus Arbeit ggen die US-Dominanz, denn die<br /> deutschen Eliten können ihren Herrscher USA nicht fallen lassen, ohne selbst Schaden zu nehmen, sonst hätten sie es längst getan.<br /> <br /> <br />
Antworten
S
<br /> Damit sind Gemeinsamkeiten und Strittiges so ziemlich auf den Punkt gebracht. Von da aus sollten wir die strittigen Sachen weiterdiskutieren. Ich werd versuchen, dazu was ins Blog zu hacken.<br /> Koennte ein bisschen dauern, weil ich auf die Ergebnisse der Zuarbeit poiitischer Freunde warte, die mir vielleicht eigene Arbeit ersparen werden.<br /> So long also.<br /> <br /> <br />