Deutschland: Tiefer Staat und Antifaschismus

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

 

Wenn deutsche Staatsobere von ihrer "tiefen Betroffenheit" über die Nazi-Morde und die Notwendigkeit des Kampfes gegen "Extremisten" reden, ist darin immer auch Heuchelei, Sonntagsgerede, die Rede zum Welt-Fenster hinaus. Deutschland ist wieder wer. Seine Machtansprüche werden immer unverschämter. Das sehen viele Nachbarn mit Sorge. Da heisst es einlullen und harmlos und gut demokratisch tun. Schliesslich ist man ein Exportland.

 

Aber der deutsche Staatsapparat ist nicht so einfach gut demokratisch. Er ist durchsetzt mit Personal, das vom Führungspersonal in der BRD nach dem II. Weltkrieg ausgebildet, erzogen, geführt wurde. Und dieses Führungspersonal der "ersten Stunde" wurde aus den alten Nazi-Kadern rekrutiert, die notdürftig persilgewaschen wurden, aber entweder Nazis blieben oder ihre Gesinnung nur ein wenig zivilisierten zu einer Einstellung, die man als stockreaktionär charakterisieren kann. Das Feindbild dieser Leute blieb erhalten - gegen alles, was fortschrittlich und links ist, gegen Kommunisten sowieso. Das passte damals gut zum Kalten Krieg.

 

Dieses Erbe wirkt nach und verbindet sich mit den neuen "Notwendigkeiten": der "starke Staat", nach innen und aussen. So kommt es, dass die antifaschistischen Sonntagsreden mit einer ganz anderen Alltagspraxis einhergehen. Die zuständigen Teile des Staatsapparats versagen, wenn es um die Bekämpfung des Faschismus geht. Sie verschweigen, so gut es geht,  dass dem Nazi-Terror in den letzten zwanzig Jahren über 180 Menschen zum Opfer gefallen sind. Noch die scheinheilige Aufregung über die bisher bekannt gewordenen Opfer der sogenannten NSU dient der Verharmlosung. Die Verbandelung der Nazi-Szene mit den Geheimdiensten ist so eng, dass schwer zu sagen ist, wer da wessen Agent ist. Offensichtlich geht es nicht nur um Versagen, sondern auch um Kollaboration zwischen Faschisten und Funktionären des Staatsapparats, bis ziemlich hoch hinauf.

 

Wenn aus der Bevölkerung heraus Widerstand gegen die Faschisten-Umtriebe entsteht, wird das von den Regierenden nicht willkommen geheissen und gefördert, sondern diesem Wierstand wird mit mit Feindseligkeit begegnet. Die Spezialpolizeien prügeln, kesseln ein und verhaften. Die Gerichte richten. Wer sich gegen die Faschisten wehrt, muss damit rechnen, dass der Staat ihn dafür bestraft. Das ist die Realität hinter den Sonntagsreden.

 

Ein Beispiel:

 

Polizei Dresden kriminalisiert NazigegnerInnen im Raum Hannover

| Drucken | E-Mail

 

 
Donnerstag, den 15. Dezember 2011

Dresden nazifrei 2011

Am 19. Februar 2011 verhinderten vielfältige Aktivitäten den größten Naziaufmarsch Europas in Dresden. Nun sollen NazigegnerInnen aus Hannover kriminalisiert werden – sie erhielten Post von der »Sonderkommission 19/2« der Polizei Dresden in denen sie als »Beschuldigte« geführt werden. Ein breites gesellschaftliches Bündnis aus Hannover, zu dem die Antifaschistische Aktion Hannover [AAH], Avanti, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke. BO Linden-Limmer, Die Linke gegen Rechts, Die Linke Region Hannover, Grüne Jugend, MdB Heidrun Dittrich, Jusos Niedersachsen, linksjugend ['solid] Hannover und die ver.di-Jugend Hannover/Leine-Weser gehören, verurteilt diese Kriminalisierung und ruft für 2012 erneut zur Verhinderung des Naziaufmarsches in Dresden auf.



Dresden Nazifrei, ein breites Bündnis, hatte im Februar erfolgreich bundesweit zum Blockieren des Naziaufmarsches am 19. Februar mobilisiert. Im Laufe der Blockadeaktivitäten kam es zu etlichen massiven Prügel- und Knüppelattacken, Anwendungen von Pfefferspray- und Wasserwerfern sowie - erstmalig in Sachsen – zum Einsatz von Pepperball-Kanonen gegen die NazigegnerInnen seitens der Polizei. Noch am selben Abend wurde in Dresden der Raum eines Jugendvereins sowie angrenzende Räumlichkeiten einschließlich des Büros der Partei »Die Linke« und eines Anwaltsbüros von Polizeikräften durchsucht und teilweise zerstört.

Am vergangenen Wochenende nun erhielten NazigegnerInnen aus dem Raum Hannover Briefe der Polizei Dresden. Inhalt dieser Briefe ist gleich: Die Angeschriebenen werden »beschuldigt«. Einen konkreten Tatvorwurf gibt es jedoch nicht. Vielmehr wird eine Situation am Vormittag des Tages beschrieben aus der es angeblich zu »Straftaten« gekommen sein soll. Alle EmpfängerInnen haben gemeinsam, dass sie am frühen Abend auf dem Weg zu den Bussen nach Hannover waren. Hier wurden sie durch einen Polizeikessel aufgehalten und ihre Personalien kontrolliert. Die pauschalen Beschuldigungen weist das Mobilisierungsbündnis aus Hannover, dem linke, antifaschistische und gewerkschaftliche Organisationen, Parteien und Gruppen angehören, als unhaltbar zurück. Eine Sprecherin dazu: »In den letzten zehn Jahren konnten NaziterroristInnen unter den Augen von Polizei und Verfassungsschutz gezielt Morde ausführen. NazigegnerInnen, die gegen faschistische Aufmärsche aktiv werden, werden verprügelt, abgehört und beschuldigt 'Straftaten' begangen zu haben. Die Behörden und in diesem Fall die Polizei Dresden scheinen weiterhin auf dem rechten Auge blind zu sein.«

Die Polizei Dresden und ihre Sonderkommission sorgten bereits kurz nach dem erfolgreichen Aktivitäten gegen den Naziaufmarsch bundesweit für einen Skandal. Sie hatte fast eine Million Handydaten von 330 000 Menschen erhoben unter denen sich neben Demonstrierenden auch AnwältInnen, JournalistInnen, Geistliche sowie Mitglieder der Landtage und des Bundestags befanden.

Alle im Bündnis vertretenen Organisationen und Gruppen protestieren gegen alle Angriffe und Kriminalisierungsversuche von NazigegnerInnen durch Staatsanwaltschaft und Polizei und fordern die sofortige Einstellung aller weiteren Ermittlungen.

 

Quelle: http://www.redglobe.de/deutschland/antifa/4814-polizei-dresden-kriminalisiert-nazigegnerinnen-im-raum-hannover 

Veröffentlicht in Gegen Rechts

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren:
Kommentiere diesen Post