EU: Zeichen an der Wand
"Das Zeichen an der Wand" ist heute ein Artikel bei faz.net überschrieben. Im Vorspann steht: "In den vergangenen Monaten ist die Europäische Union nicht "immer enger" geworden, wie es in ihren Verträgen als Ziel proklamiert ist. In der Krise werden die Fundamente der EU ausgehöhlt - wirtschaftliche Unterschiede wachsen, Ressentiments blühen. Das ist gefährlich."
Wohin treibt das ? - Denn was da passiert, treibt, ist nicht planvoll gesteuert. Die Steuerungsversuche muten wie der Versuch an, einen Grossbrand mit Gartenschläuchen zu löschen, durch die nicht Wasser, sondern Benzin gepumpt wird. Sind die grossen Staatenlenker doof ? Das auch. Aber die Hilflosigkeit liegt nicht daran.
Kapitalistische Entwicklung ist per se nicht steuerbar. Die "Freiheit der Märkte" ist ein anderer Ausdruck für Chaos. Es gehört zu den Gesetzmässigkeiten dieser Ordnung, dass es in der Konkurrenz Sieger und Verlierer gibt, mit dem Ergebnis einer stets ungleichen Entwicklung zwischen den verschiedenen Unternehmen, Branchen, Staaten und Staatengruppen wie der EU.Die Krise macht auch diese Ungleichgewichte sichtbarer und verstärkt sie gleichzeitig.
Gerade eben wird klar: Die Peripherie dieses Staatenbündnis ist gegenüber dem Zentrum zurückgefallen. Das deutsche Erstarken ist die Schwächung anderer Staaten. Das deutsche "Exportwunder" ist die Pleite der unterliegenden Konkurrenz in den südlichen EU-Staaten, das Zurückfallen Frankreichs und Grossbritanniens.
Damit werden die Gemeinsamkeiten untergraben, z. B. der Euro. Gemeinsames Geld setzt die Vereinheitlichung des Wirtschaftsraums voraus, die Entwicklung in diese Richtung. Aber die wirkliche Entwicklung ist in die Gegenrichtung gegangen. - Ganz recht, Herr Frankenberger: "in der Krise werden die Fundamente der EU ausgehöhlt - wirtschaftliche Unterschiede wachsen ..."
Die EU vereinheitlicht sich nicht zu einem neuen Superstaat, sondern sie ist ein in sich widersprüchliches Staatenbündnis, in dem die selben Mechanismen wirken wie in der imperialistischen Staatenkonkurrenz generell: es geht stets um Dominanz und Unterordnung. In die ostueropäischen Staaten regiert Deutschland schon länger hinein - immer in Konkurrenz in erster linie mit den USA. Aus Jugoslawien sind abhängige Kleinstaaten gemacht worden. Die ehemalige CSSR ist zweigeteilt worden. Jetzt wird Griechenland unter Aufsicht gestellt wie eine Kolonie ...
- Das ist das "vereinte Europa" ! Das ist nicht ein sich "denationalisierendes" Europa, sondern ein zeitweiliges Bündnis, das Gegensätze wie lauter Sprengsätze in sich einschliesst. Der gegenwärtige vorläufige Höhepunkt der deutschen Dominanz treibt unvermeidlich deren Abwehr hervor. Niemals werden sich Frankreich und Grossbritannien unter deutsche Oberhoheit stellen. Die seltsame Allianz im Libyenkrieg und die Trennlinie, die sie in der EU aufmacht, ist ein Zeichen für die Umpuppierung der Allianzen auch in der EU, in diesem Fall mittels einer stärkeren Anlehnung Frankreichs und Grossbritanniens an die USA. Hillary Clinton meldet in Athen gerade an, dass die deutsche Oberhoheit nicht konkurrenzlos ist. In Afrika gibt es einen Wettlauf um Einfluss und Ressourcen von Seiten mehrerer westeuropäischer Mächte, die dabei nicht "als EU" unterwegs sind, sondern auf je eigene Rechung. Dabei geht es auch um das je eigene Gewicht in der EU, das mittels eigener Einflusszonen ausserhalb der EU gestärkt werden soll.
"„Interimperialistische“ oder „ultraimperialistische“ Bündnisse sind ... in der kapitalistischen Wirklichkeit ... notwendigerweise nur „Atempausen“ zwischen Kriegen – gleichviel, in welcher Form diese Bündnisse geschlossen werden, ob in der Form einer imperialistischen Koalition gegen eine andere imperialistische Koalition oder in der Form eines allgemeinen Bündnisses aller imperialistischen Mächte. Friedliche Bündnisse bereiten Kriege vor und wachsen ihrerseits aus Kriegen hervor, bedingen sich gegenseitig, erzeugen einen Wechsel der Formen friedlichen und nicht friedlichen Kampfes auf ein und demselben Boden imperialistischer Zusammenhänge und Wechselbeziehungen der Weltwirtschaft und der Weltpolitik." - Lenin, 1915. ( http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1917/imp/kapitel9.htm )