Kommunisten und Linkspartei - Aktionseinheits- und Bündnispolitik

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

 

Wenn Kommunisten ihr Verhältnis zur Partei Die Linke bestimmen, ist das in der Praxis gewöhnlich eine komplizierte Angelegenheit. Die "Problemstellung" wechselt auch mit agierenden Personen, beide Strömungenen haben ihre regionalen Besonderheiten, auf der Ebene der Organisation besteht Konkurrenz, Gemeinsamkeiten und Differenzen sind unterschiedlich gross je nach politischem Thema. In der Zusammenarbeit in der Gewerkschaft mag es zum Beispiel viele Gemeinsamkeiten geben, während man im Wahlkampf unter Umständen gegeneinander steht.

 

In diesem Alltagsdickicht ist es nützlich, sich an Grundsätzlichem zu orientieren, wenn dies auch nicht jeden gordischen Knoten durchschlägt. Es ist eine Hilfe, die freilich nicht die Notwendigkeit ersetzt, jedes konkrete Problem konkret zu lösen.

 

Woraus müssen Kommunisten ihre Politik gegenueber der Linkspartei ableiten ?

 

Kommunistische Politik gegenueber anderen Organisationen leitet sich ab aus den Hauptfunktionen der kommunistischen ParteI:

 

- der Herstellung der Verbindung der Arbeiterklasse mit dem Wissenschaftlichen Sozialismus

 

- der politischen Einigung der Klasse fuer den Kampf um die Verteidigung ihrer Interessen unter kapitalistischen Verhältnissen und fuer die Ueberwindung dieser Verhältnisse;

 

- der Organsierung der fortschrittlichsten, konsequentesten. kämpferischsten Menschen aus der Arbeiterklasse und anderen Klassen und Schichten mit dem Ziel, ein mächtiges, organisiertes, auf ein politisches Programm geeinigtes politisches Zentrum der Arbeiterklasse zu schaffen, mit dem diese sich in die Lage versetzt, ihre verschiedenen sozialen Sektoren, die verschiedenen Gruppeninteressen, die verschiedenen Einzelbwegungen und Organisationen zusammenzuführen und auf die Überwindung der Ausbeutung und Unterdrückung durch die Bourgeoisie zu fokussieren.

 

Die Herausbildung einer revolutionären Avantgarde ist eine Notwendigkeit dafür, dass die Arbeiterklasse von einer "Klasse an sich", als blosse soziale Gegebenheit, zur "Klasse fuer sich" wird, zu einer Klasse, deren Angehörige sich der allen gemeinsamen Interessen und historischen Moeglichkeiten bewusst werden und diese gemeinsamen Interessen politisch durchzusetzen versuchen. Eine Avantgarde ist auch deshalb eine Notwendigkeit, weil die Bourgeoisie und ihr Staat ein hochorganisierter, klassenbewusster, planmässig handelnder, die ganze Gesellschaft bis in ihre kleinsten Verästelungen mit seiner Ideologie und seinem Machtapparat durchdringender, historisch erfahrener und vor keiner Methode der Machtausübung zurueckschreckender Gegner ist.

 

Die Komunisten gehen diese Aufgaben mit einer Politik der Aktionseinheit und der Bündnisse an.

 

Die Politik der Aktionseinheit richtet sich an die Arbeiterklasse. Ihr Prinzip ist die aktive Verfolgung der gemeinsamen sozialen/politischen Interessen der Klasse, unabhängig von weltanschaulichen, religiösen Differenzen und Organisationszugehörigkeiten. Da nur ein Teil der Klasse überhaupt in irgendeiner Weise organisert ist, muss sich Aktionseinheits-Politik zu einem Teil an die einzelnen Menschen bzw. an die Masse der Angehörigen der Arbeiterklasse richten und darf sich nicht auf die Organisierten beschränken. Unter den Organisationen sind die Gewerkschaften die wichtigsten, weil in diesen ein mehr oder weniger grosser Teil der Arbeiterklasse organisiert ist und, im Fall von Einheitsgewerkschaften wie in Deutschland, der von sonstigen organisatorischen/politischen/ weltanschaulichen Zugehörigkeiten absehende Zusammenschluss bereits realisiert ist, wenn auch fuer begrenzte Zwecke. Darüber hinaus richtet sich kommunistische Aktionseinheits-Politik auch an die in der Klasse existenten Organisationen aller Art, darunter auch politische Parteien bzw. deren Mitglieder.

 

Kommunistische Bündnis-Politik richtet sich an Klassen und Schichten, die solche soziale und politische Interessen haben, die sich zum Teil mit denen der Arbeiterklasse decken, zum Teil diesen zwar entgegenstehen, aber gegen den gemeinsamen Gegner gerichtet sind.

Bei den lohnabhängigen Schichten gibt es in einigen Bereichen einen fliessenden Übergang zwischen Aktionseinheits- und Bündnispolitik. So befinden sich zum Beispiel untere Kategorien der Intelligenz in einem Prozess der sozialen Annäherung an die Arbeiterklasse, vor allem an deren obere Sektoren (Facharbeiter, Techniker).

 

Mit grossen Teilen des Kleinbürgertums gibt es weitreichenden Überschneidungen in der Interessenlage.

 

Untere und mittlere Segmente der Bourgeoisie, die unter dem Druck und in Abhängigkeit von der Monopolbourgeoisie existieren, koennen in einzelnen Fragen als Bündnispartner gewonnen werden.

 

Je "weiter oben" moegliche Buendnispartner sozial angesiedelt sind, desto "dünner" werden selbstverständlich die Gemeinsamkeiten der Arbeiterklasse mit ihnen. Trotzdem ist es strategisch wichtig, solche Bündnisse anzustreben. Die Grundlage dafür ist die Ausdifferenzierung der Bourgeoisie und die relative Herauslösung der kleinen Schicht der Monopolbourgeoisie aus ihrer Klasse. Sie ist das Zentrum der Macht und tritt tendenziell allen Klassen und Schichten, einschliesslich Teilen der Bourgeoisie selbst, feindlich gegenüber. Darin liegt auch die Möglichkeit, die Monopolbourgeosie von ihrem sozialen Glacis zu trennen, sie politisch zu isolieren, ihr ihre "Hilfstruppen" (in deren eigenem Interesse) abspenstig zu machen oder wenigstens zu neutralisieren.

 

Wie auch sonst, verfolgen die Kommunisten in der Aktionseinheits- und Bündnispolitik keine eigennuetzigen Parteizwecke. Es geht nicht um Dominanz, Instrumentalisierung und dergleichen. Es geht um die Herstellung der Kampffähigkeit der Arbeiterklasse fuer ihre Interessen und um die Herstellung möglichst guenstiger politischer Bedingungen fuer deren Durchsetzung.

 

Aktionseinheits- und Bündnispolitik sind keine "ideologische" Angelegenheit. Das gilt nach zwei Seiten hin:

 

Erstens haben sie nicht den Zweck, Nicht-Kommunisten zu Kommunisten zu machen (auch wenn sich ein solches Ergebnis im Fall einer klugen, nachvollziehbar fuer die Klasse nützlichen kommunistischen Politik einstellt).

 

Zweitens sind ihre grundlegenden Kriterien nicht "Oberflächenerscheinungen" wie auftretende politische Parteien, Strömungen etc., sondern soziologische/klassenmaessige. Es geht nicht vorrangig um die Einheit oder Bündnisse von Kommunisten mit anderen Organisationen oder Strömungen, sondern um die Einheit der Arbeiterklasse und Bündnisse der Arbeiterklasse mit anderen Klassen und Schichten.

 

Das Verhältnis zu den vorfindlichen Organisationen und politischen Stroemungen muss aus diesen Klassenkriterien abgeleitet werden. Politische Übereinstimmungen und Differenzen mit anderen Organisationen müssen daran relativiert werden. Solche Übereinstimmungen und Differenzen sozusagen pur, aus der Schnittmenge des kommunistischen Programms mit Programmen anderer Organisationen zum Massstab zu machen, wäre eine dem Wesen der Sache nach nicht gerechtfertigte Verengung des Verständnisses von Aktionseinheits- und Bündnispolitik. Fuer die Bestimmung des Verhältnisses der kommunistischen Partei zu anderen Organisationen ist es wichtiger, deren soziale Zugehörigkeit in Betracht zu ziehen, als sich auf ihre programmatischen Aussagen zu verlassen.

 

In der bürgerlichen Gesellschaft werden die sozialen Zugehörigkeiten und Gegensätze, gesellschaftliche Konflikte und "die Politik" zu ideologischen verhimmelt - Weltanschauungen, Religionen, kulturelle Orientierungen, "politische Überzeugungen", Nationalismus, Rassismus, etc.. Diese ideologische, verdrehte Wahrnehmung entsteht zum Teil aus den kapitalistischen Verhältnissen selbst, zum Teil wird sie von den Ideologieproduzenten und -propagandisten der Bourgeoisie absichtlich herbeigefuehrt. Die Verkleisterung der wirklichen ökonomischen, sozialen, kulturellen und politischen Verhältnisse mit allerlei Weltanschauungen ist fuer die Bourgeoisie ein Erfordnernis fuer ihre Herrschaft, weil sie die Klassen und Schichten entlang eingebildeter, fiktiver ideeller Gegensätze trennt und die wirklichen Gegensätze dadurch, häufig bis zu ihrer Unkenntlichkeit, verdeckt werden. So wird die wirkliche Diktatur der Kapitalistenklasse in der Vorstellung zu Demokratie, der Klassenkampf zu einer Angelegenheit zwischen "Konservativen", "Liberalen", "Grünen", "Sozialdemokraten", "Kommunisten" und Klassenbewusstsein (das Bewusstsein jeder sozialen Klasse von sich selbst) allgemein zur "Weltanschauung".

 

Kommunistische Aktionseinheits- und Buendnispolitik richtet sich gegen diese Verhimmelungen und stattdessen auf die wirklich vorkommenden Interessen der sozialen Klassen und Schichten und deren Übereinstimmungen und Gegensaetze.  

 

Das sind einige grundlegende Kriterien für die Entwicklung eines richtigen Verhältnisses der Kommunisten zur Linkspartei, an denen die Praxis beständig gemessen und überprüft werden muss.

  

 

 

 

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