Krise, Krieg, Imperialismus und Kommunisten

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

Das ist Alexandras siebter Brief aus Frankreich, in dem sie die beiden vorhergehenden (1) resümiert.

 

Diesen Brief, liebe Leser,

 

schreibe ich als Resümee zu den beiden vorhergehenden. Im Ohr habe ich die Worte des Generalsekretärs des Afrikanisch-Libyschen Aktions-Komitees: Die Menschen Europas haben zugesehen, wie Libyen zerbombt wurde…

 

Von Karl Marx und Friedrich Engels, Lenins und den eben dieser Wissenschaft verpflichteten Historikern und Führenden wissen wir, dass die Produktions- und Aneignungsweisen der kapitalistische Gesellschaft regelmäßig zu weltweiten Überproduktionskrisen führen. Die weltweite Wirtschaftskrise in allen Nuancen bis hin zur Überproduktion von Bankprodukten, führt durch Firmensterben und reduzierte Produktion zu Arbeitslosigkeit, aber auch zur Verminderung der steuerlichen Einnahmen des Staates. Grund für die andere Seite der reduzierten Staatseinnahmen ist die maßlose Aufrüstung zugunsten der national ansässigen, aber international verbundenen Konzerne. Denn das große monopolisierte Industrie- und Bankkapital sucht und findet immer Wege zur Profitsteigerung.

 

Am profitabelsten ist Krieg, besonders in Krisenzeiten.

 

Die Ausbeutung fremder Bodenschätze ist eine seit Jahrzehnten geübte Praxis der starken westlichen Industriestaaten. Seit den achtziger Jahren, teilweise schon vorher, wurden die Nationalstaaten Afrikas in erneute große Abhängigkeit zu den imperialistischen Staaten Westeuropas gebracht. In einigen Ländern verlief dieser Prozess blutig, Mord und Totschlag gehörten zu den Boten der „ Demokratie und Freiheit" und des Kolonialismus, schon immer, nichts ist daran neo-neu. Afrika blutete aus, während die Verräter der Sowjetunion und ihre Verbündeten die Konterrevolution inszenierten. Ohne den Rückhalt der sozialistischen Staaten erlebt es seitdem an einigen Brennpunkten eine nie dagewesene Verarmung und Ausbeutung unter dem „Schutz" sogenannter Friedenstruppen oder der AFRICOM. Ausgespart bleiben nur wenige stabile Länder, die von den Wirtschaftsbeziehungen u. a. zur VR China profitieren.

 

Neu ist in den letzten Jahren die starke öffentliche Fokussierung auf die Bodenschätze wegen deren Endlichkeit (so sagt es die imperialistische Presse unisono), aber vor allem wegen des durch Raub billigen Erwerbes. So wie der Reichtum der industriell entwickelten Länder überwiegend nur einer geringen Oberschicht (dieser aber grenzenlos) zur Verfügung steht, so nutzt auch der Raub nur diesen Wenigen. Mit den Riesenprofiten können sie einesteils ihre Herrschaft zur neuen Profiterzielung aufrecht erhalten und andernteils ihre Handlanger bedienen. Derweilen nimmt die Verelendung der ausgeplünderten Bevölkerung, aber auch die immense Umweltzerstörung als Begleiterscheinung der Plünderungen grenzenlos zu.

 

Den Bevölkerungen Europas und Nordamerikas wird eingeredet, dass die Sicherstellung der Bodenschätze der Wahrung des Zivilisationsniveaus dient. Angst vor Mangel wird gezielt propagiert: Es könne an Benzin fehlen, an lieb gewordenen Annehmlichkeiten, für die dringend benötigte Rohstoffe in unsicheren Ländern lagern. Importe könnten teurer werden … Das ist Teil einer riesigen Propagandakampagne. Die Bevölkerung wird mit rein privater Bereicherungssucht oder Angst vor Teuerung, aber auch mit Nationalstolz, Fanatismus und Völkerhass „reif" für den Kriegszug gemacht. In heuchlerischer Weise werden Begriffe wie Freiheit, Menschenrechte, Demokratie als Vorwände für die Aneignung fremder Güter gebraucht. Die Regierungschefs der „Zielgebiete" werden zu Diktatoren, Mördern, Verbrechern. Schon die deutschen Faschisten bezeichneten die Bevölkerung der Sowjetunion als Untermenschen. Auch deren kommunistische Regierung wurde dem „deutschen Volke" mit ebengenannten Prädikaten disqualifiziert. Welche Rolle den „befreiten Völkern" heute von den Imperialisten zugedacht ist, möge man sich in Afrika ansehen.

 

Das Weißbuch zur nationalen Sicherheit und Verteidigung Frankreichs (Juni 2008,S. 19-20 - http://www.defense.gouv.fr/portail-defense/enjeux2/politique-de-defense/livre-blanc) trieft, und nicht nur an nachfolgender Stelle, von einer nationalen und demagogischen Überheblichkeit, die aus dem System einer bürgerlichen Demokratie heraus die Rechtmäßigkeit ihrer Kriege ableitet:

 

«Seit zwanzig Jahren hat die Anzahl der Demokratien zugenommen. 2007 waren es 63% der Staaten gegen 40% im Jahre 1987. Gewiss, diese Tendenz ist weder weltweit noch unumkehrbar; sie betrifft vor allem Europa. Autoritäre Regimes beherrschen weltweit noch die Hälfte der Bevölkerung; und gewisse Staaten sind nur dem Namen nach Demokratien. Aber das logische Ende der feindlichen Begegnung zweier politisch und ökonomisch antagonistischer Systeme und die Ausweitung der liberalen ökonomischen Systems mittels der Demokratien, die relative Verminderung der Armut in den starken, …haben dazu beigetragen, die Spannungen abzubauen, die die vorhergehende Periode gekennzeichnet haben."

 

Das ist die Basis einer Ideologie, die vom Aufbau (bürgerlicher) „Demokratien" als „logischem Ende" antagonistischer Systeme und dem Abbau der Spannungen wissen will. Eine „relative Verminderung der Armut in den Wachstumszonen" sollen die hinnehmen, denen mittels Aufdrücken der französischen bürgerlichen Demokratie Wachstum versprochen wird. Aber man weiß wohl, dass die „Tendenz umkehrbar ist" , dass noch „autoritäre Regimes" existieren, die man abschaffen muss … Etwas Tünche brauchte man schon, und wo der militärisch-industrielle Komplex gestern noch plumpe Feindschaft propagierte, versucht er es heute mit schönen Worten und Überzeugung à la Menschenrechte. Etwas an der Tünche gekratzt, kommt die Gefährlichkeit chauvinistischer Reden und Taten zum Vorschein.

 

Übrigens wird im genannten Weißbuch der Bevölkerung Frankreichs versprochen, dass eine Kriegsführung im eigenen Land nicht vorgesehen ist, zumindest nicht in vorausschaubarer Zeit und abgesehen von Operation zur Beherrschung der Krise (was immer das heißen soll), z. B. zur Abwehr von Terrorattacken oder technologischen und Naturkatastrophen. (a. a. O., S. 130) Bleibt ruhig, liebe Leute, heißt das, wir operieren (vorerst) weit weg für die Sicherheit des Landes. Zum Beispiel in Afghanistan, Elfenbeinküste, Sudan, Libyen…

 

Der Forscher für internationale Beziehungen und Mitarbeiter am Institut für Dokumentation und Friedensforschung, Daniel Durand, stellt in seinem Schreiben vom 28. 9. 2011 über Militärausgaben und Wahlkämpfe klar, dass die Verschuldungen vieler Länder auf Militärausgaben zurückzuführen sei. Griechenland wäre (als NATO-Mitgliedsstaat) damit handlungsunfähig gemacht worden. Diese Tatsache komme durch die weltweite Wirtschaftskrise ans Tageslicht.

 

Als 2008 ein Banker der Société Générale fünf Milliarden Euro „verzockt" haben soll und vor dem Kadi landete, war das der Startschuss für eine Kampagne gegen die Banken. Nicht deren Stellung im monopolkapitalistischen und imperialistischen System bei der Aneignung der durch gesellschaftliche Arbeit erzielten Gewinne stand zukünftig im Mittelpunkt, sondern das Fehlverhalten einzelner Angestellter und auch führender Manager. Diese Position wurde von allen großen Parteien aufgegriffen und dient nunmehr als Erklärung für die Wirtschaftskrise. Wer hatte wohl daran Interesse?

 

Wohlgemerkt, alle Bewegungen gegen dieses System nutzen. Sollen sie aber nicht auf dem Niveau einer modernen „Maschinenstürmerei" bleiben, müssen sie richtig eingeordnet werden. Den heute und hier Herrschenden sind die Massen von Menschen gleichgültig, egal ob in der Sahelzone oder in der Frankfurter, Pariser oder New Yorker City. Dort lässt das Kapital mit seinen Regierungsgehilfen die Menschen verhungern und vor der Haustür werden sie wegen der Lästigkeit mittels Polizei abgeräumt. Aber das Kapital mit seiner imperialistischen Staatsmacht fürchtet die Massen, wenn sie organisiert und im Bündnis auftreten. Die Massen werden stark, wenn sie im Kern ausgestattet sind mit der wissenschaftlichen marxistisch-leninistischen Bildung als Grundstein der Bewusstseinserweiterung. Sie wird nicht vom bürgerlichen staatlichen Bildungssystem übernommen! Der Inhalt dieses hochtrabend klingenden Begriffes ist das Verständnis vom Zusammenhang zwischen wenig Lohn, wenig oder keiner Arbeit, Armut und Hoffnungslosigkeit auf einer Seite, aber Reichtum, Heuchelei und Krieg auf der anderen. Da sage mir niemand, dieses Grundwissen müsse er einer Familie beibringen, die 4 Wochen vor Weihnachten in schneller Folge ihre Arbeit (Vater, Mutter, Sohn!) verloren hat!

 

An deren Seite ist der Platz einer kommunistischen Partei, die in einer bürgerlichen Demokratie noch Freiraum zur Ausbreitung findet. Wer den Massen nicht vertraut, Organisation, marxistisch-leninistische Bildung und auch Agitation ablehnt, hat das Vertrauen in die Massen, ins Volk und die kommunistische Partei verloren und muss sich nicht wundern, wenn das reziprok ist.

 

Niemals wurde seit dem Manifest der Kommunistischen Partei einem Kommunisten versprochen, dass er es leicht haben würde! Niemals war der Kommunismus als Schlaraffenland bezeichnet worden, aber als Kampf um die Gerechtigkeit und als lohnendes Ziel! Immer war sein Aufbau ab der untersten Stufe Kampf. Auf vielen Ebenen gewiss, und so mancher Arbeiter, so mancher Bauer und Soldat der sozialistischen Länder hatte seine Art Anteil wie der Kommunist im „Westen" auch.

 

Mancher hat sich verirrt, mancher ist müde und mutlos geworden. Und manchem schien Verrat als eine Lösung zum Überleben an den Fleischtöpfen des Kapitals. Aber die Fragen nach der Gerechtigkeit bleiben, die nach Frieden und einem Leben mit nützlicher und auskömmlicher Arbeit für alle.

 

Die Menschen der großen Industrieländer haben die Möglichkeit, sich an der Unterdrückung ganzer Völker zu beteiligen. Dazu brauchen sie nur der Politik ihrer Staaten zu folgen. Sie können das Rückgrat einer riesigen Militärmaschinerie bilden und von den unterdrückten Völkern der Erde verdammt und gehasst werden. Aber sie können sich auch organisieren im Kampf gegen Barbarei und Krieg mit dem Ziel, sie abzuschaffen und eine gerechte Welt aufzubauen.

 

 

(1) http://kritische-massen.over-blog.de/article-das-franzosische-militar-im-libyen-krieg-90705283.html

     und

     http://kritische-massen.over-blog.de/article-das-franzosische-militarprogramm-90294971.html

 



 

Veröffentlicht in Neu: Briefe aus Frankreich

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren:
Kommentiere diesen Post