Lohndumping in Deutschland
Ab Mai nächsten Jahres gilt die Niederlassungsfreiheit im EU-Gebiet auch für die Bürgerinnen und Bürger der osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten. Ob es dann aber zu einer neuen Massenauswanderung nach Westen kommt, ist aber fraglich. Die westeuropäischen Staaten haben längst für einen Rechtsrahmen gesorgt, der den Kapitalisten ermöglicht, Lohnabhängige in Niedrigstlöhne und Armut zu zwingen.
Hier eine Einschätzung in Neues Deutschland:
In: Neues Deutschland vom 22.10.10
Schon immer war es fragwürdig, den Arbeitsmarkt durch eine Aussperrung Osteuropas zu »schützen«. Nicht nur wegen der Untertöne, die eine solche Politik oft mit sich bringt. Eigentlich hat diese Aussperrung selbst erst die vielen »Selbstständigen« erschaffen, bei denen es tatsächlich schwer war, Dumping zu unterbinden. Einem Unternehmer war schlecht vorzuschreiben, was er zu berechnen hat.
Nun, mehr als sechs Jahre nach dem EU-Beitritt etwa Polens, steht diese Politik endlich vor dem Aus: Ab dem 1. Mai 2011 endet die Diskriminierung der Arbeiter aus Europas Osten. Ob aber nun die lohndumpenden Massen auf den deutschen Arbeitsmarkt schwappen, darf getrost als fraglich gelten: Erstens gibt es längst interessantere Destinationen als die Bundesrepublik – und zweitens hat sich dieses Land in den Jahren seit dem polnischen EU-Beitritt ganz von selbst in eine Niedriglohnzone transformiert. Nicht als Effekt irgendwelcher Migrationen, sondern planmäßig, als zunächst offensiv proklamiertes und später verschämt betriebenes Projekt.
Gerade erst hat Berlin die Zuverdienstspannen für »Klienten« der Armutsverwaltung wieder erhöht – auf dass subventioniertes Geringverdienen »attraktiv« bleibe. Gegen dieses staatliche Lohndumping, das längst nicht mehr nur Hilfstätigkeiten betrifft, nimmt sich die »Gefahr« der Unterbietungskonkurrenz aus dem EU-Ausland fast schon lächerlich aus.
Neben Deutschland glaubte seinerzeit vor allem Österreich, sich vor der EU-Osterweiterung abschotten zu müssen. Nun hat Wien neue Vorbereitungen getroffen und das – durch Zwangsmitgliedschaften ohnehin dichte – österreichische Kollektivvertragssystem mit beträchtlichen Strafen bewehrt.
Dieses Instrument steht in Deutschland aber leider kaum noch zur Verfügung. Die gleiche Politik, die Armutslöhne subventioniert, hat das einst eherne Tarifsystem bis zur Unwirksamkeit durchlöchert. Es bleibt daher, wie jüngst der NGG-Vorstand gefordert hat, hierzulande nur der gesetzliche Mindestlohn. Gar nicht so sehr zum Schutz vor Niedriglohnkonkurrenz aus dem Ausland. Es geht dabei nämlich längst nicht mehr um Polen, sondern um lebenswerte Verhältnissen im Inland. Velten Schäfer
URL: http://www.neues-deutschland.de/artikel/182461.es-geht-nicht-mehr-um-polen.html
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gefunden bei: http://www.triller-online.de/index2.htm . - Danke.