Palästina/Israel: ein Staat oder zwei Staaten ?

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

 

In den letzten Wochen kam es innerhalb der mit Palästina solidarischen Kräfte in Deutschland zu einer Kontroverse, bei der es darum geht, ob das von -zig UN-Resolutionen gestützte Rechte der Palästinenser auf einen eigenen Staat als Ziel aufgegeben werden soll - zugunsten eines plurinationalen Staates, in dem Israelis und Palästinenser gemeinsam leben.Auf einem Kongress in Stuttgart verabschiedeten die Anhänger einer "Ein-Staat-Lösung" eine Erklärung, die gegen die Unterstützer einer Zwei-Staaten-Lösung Front macht. 

 

Eine Wohngebietsgruppe der Berliner DKP wollte über die israelisch-palästinensischen Probleme Genaueres wissen und hat einen Genossen der DFLP - Demokratische Front für die Befreiung Palästinas eingeladen. Hier die Zusammenfassung seines Statements:

 

Den Staat Palästina errichten und das Problem der Flüchtlinge lösen Drucken E-Mail

 

Freitag, 24. Dezember 2010 um 21:55 Uhr

Die DKP-Gruppe Tempelhof-Schöneberg hatte auf ihrer Sitzung am 9. Dezember die Palästina-Solidarität als Thema und hatte dazu I. Haddad von der DFLP (Demokratische Front für die Befreiung Palästinas) eingeladen. Der folgende Text fasst seine Darlegungen zusammen.

Die Situation
Israel lehnt es ab, den völkerrechtswidrigen Bau von Siedlungen in dem seit 1967 besetzten West-Jordanland und Ost-Jerusalem zu beenden. Die USA erklären ihren Versuch für gescheitert, die direkten Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern wieder in Gang zu bringen. Der US-Amerikaner G. Mitchell ist wieder unterwegs, um indirekt zu vermitteln!? Die Arabische Liga betätigt: Keine Rückkehr zu Verhandlungen, solange kein amerikanisches ernstes Angebot vorliegt.

Was tun?
Die Linke in der PLO (DFLP, PPP, PFLP)* ruft dazu auf,

1. den Kampf, den gewaltfreien Kampf gegen die israelischen Besatzer flächendeckend in den besetzten palästinensischen Gebieten (incl. Ost-Jerusalem) zu intensivieren und auszubreiten. Hier müssen alle Kräfte vereint wirken (einschließlich Hamas und Fatah).

2. die Anerkennung des palästinensischen Staates in den Grenzen vom 4. Juni 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt international voranzutreiben.

Von dem mutigen, heroischen Schritt Brasiliens, Argentiniens und Paraguays diesbezüglich ausgehend, soll und muss eine Anerkennung durch das Staatenbündnis Lateinamerikas UNASUR, durch die Blockfreien Staaten, die EU, die UN-Generalversammlung und nicht zuletzt durch den UN-Sicherheitsrat erfolgen. Das bringt das notwendige politische Gewicht, um Israel und seine Verbündeten in Washington zu isolieren und unter den notwendigen massiven Druck zu setzen, um die Besatzung zu beenden und die Errichtung des Staates Palästina in den Grenzen vom 4. Juni 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt und die Lösung des Flüchtlingsproblems gemäß Beschluss Nr. 194 der UNO vom 11.12.1948 zu akzeptieren. Hier ist daran erinnern, dass Israels Mitgliedschaft in der UNO erst nach seiner Zustimmung zur o.a. Resolution Nr. 194 bewilligt und aufgenommen wurde.

3. vor alle internationalen Instanzen für Recht und Gerechtigkeit gegen die Kriegsverbrechen Israels gegen das palästinensische Volk – zuletzt in Gaza vom 27.12.2008 bis 17.1.2009 – zu ziehen und die internationale Solidaritätsbewegung mit dem palästinensischen Volk auch auf diesem Weg zu verstärken, damit sich Israel endlich beugt und das Völkerrecht in der Tat respektiert.

Einstaaten-Lösung?
Das Aufrufen zum Kampf für einen Staat auf dem Gebiet des historischen Palästinas (in den vom Völkerbund 1922 definierten Grenzen = 27.500 km2 ) - ist eine Illusion bei den heutigen real-existierenden Verhältnissen in Israel und Palästina insbesondere und der ganzen Region im Allgemeinen. Es ist eine Flucht in eine "mission impossible".

Eine Einstaaten-Lösung bedeutet im großen und ganzen, einen binationalen Staat errichten. Hierfür müssen sowohl Palästinenser als auch Israelis kämpfen. Letztere sind weit weg von dieser "Illusion" und zeigen mehr und mehr Unmut über die bereits existierenden 20% arabische Bevölkerung innerhalb der "grünen Grenzen" Israels (von 1948). Gewisse extrem-rechte Kräfte (Israel-Beitenu von E. Liebermann) und Persönlichkeiten wie M. Ahrens u.a. neigen und plädieren für einen Staat (incl. Westjordanland und ohne Gaza) mit "Apartheid-System", d.h. für "Israel, Staat des jüdischen Volkes".

Für die Palästinenser bedeutet die Einstaaten-Lösung heute und in der nahen Zukunft die Flucht vor einem schwierigen Kampf in einen noch viel schwierigeren; mit anderen Worten bedeutet das auch den Verzicht auf all die internationale Unterstützung und Befürwortung für die Errichtung des Staates Palästina in den Grenzen von 1967 usw., wie sie sich manifestiert in den Beschlüssen Nr. 3236 der UNO-Vollversammlung (vom 22.11.1974) und Nr. 1397 des UN-Sicherheitsrates (vom März 2002) sowie von der EU, dem "Internationalen Quartett", den Konferenzen der Blockfreien Staaten, der Afrikanischen Union usw.

Für die Einstaaten-Lösung einzutreten bedeutet unter den heutigen Verhältnissen für Israel, seine Siedlungspolitik ungehindert fortzuführen. Das Haupthindernis auf dem Weg zur Errichtung dieses palästinensischen Staates und zur Lösung des Flüchtlingsproblems stellt ja die israelische Politik dar, und nichts anderes. Und hier ist nicht diese oder jene israelische Partei gemeint, sondern das politisch entscheidende "Summarium" in der sozialen und politischen Landschaft Israels. Dieses ist der Träger der völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungspolitik, verbunden mit dem stetigen Druck der Besatzung auf das palästinensische Volk, um die Grundlagen für die Errichtung des Staate Palästina zu vernichten.

Der Weg der Zweistaaten-Lösung gestaltet sich - insbesondere wegen des Siedlungsbaus auf inzwischen fast 40 % des Westjordanlandes - als sehr schwierig. Aber es ist der einzige, und dazu gibt es keine Alternative, wenn wir eine ausgewogene politische Lösung anstreben, die von der ganzen Welt getragen wird: einem Staat Palästina in den Grenzen vom 4. Juni 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt und dem Recht der Flüchtlinge gemäß UN-Resolution 194 (von 1948) auf Rückkehr in ihre angestammte Heimat, aus der sie im Zuge der ethnischen Säuberung 1948 vertrieben wurden.
I. Haddad

* PPP: Volkspartei Palästinas, Nachfolgeorganisation der KP Palästinas, PFLP: Volksfront für die Befreiung Palästinas

http://www.dkp-berlin.info/index.php?option=com_content&view=article&id=306:staat-palaestina-errichten-problem-fluechtlingeloesen&catid=5&Itemid=5

  

 

 Zu der eingangs erwähnten Kontroverse sei hierauf verwiesen:

 

"Stuttgarter Erklärung": http://kupola.de/petition/main_de.html

 

 Gegenposition:

http://between-the-lines-ludwig-watzal.blogspot.com/2010/12/ein-oder-zweistaatenlosung-fur.html

 

Eine Stellungnahme von Norman Paech: http://www.steinbergrecherche.com/frpaech.htm#Stuttgarter

  

 (Dank an http://www.steinbergrecherche.com/ für die Links)

 

 

Veröffentlicht in Naher-Mittlerer Osten

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