Perspektive Kladderadatsch
Gestern erreichte der Ölpreis (WTI) 113,70 USD/Barrel. Die deutsche Regierung "ventiliert" die Möglichkeit einer Steuererhöhung für Diesel um 28 Euro-Cent. Die Spekulation mit Öl und eine Steuererhöhung dieses Ausmasses könnte innerhalb kurzer Zeit die Spritpreise auf über 2 Euro/Liter treiben. Damit kommt in Sicht, wovon die deutschen Grünen schon in den 1990er Jahren geträumt haben - 5 DM für den Liter Treibstoff an den Tankstellen. Die Verteuerung des Treibstoffs würde über die Erhöhung der Transportkosten auch die Preise im allgemeinen treiben. Allein das würde die Lohnerhöhungen für die noch tariflich bezahlten Arbeiter und Angestellten mehr als auffressen. Für einen Grossteil gibt es aber auch diese Kompensation nicht, weil sie mangels Tarifveträgen gar keine Lohn-/Gehaltserhöhungen erhalten.
Die Inflation beginnt zu marschieren. Die "Geldschöpfung" für die diversen "Rettungsschirme" für Banken ist die Überwälzung faul gewordener privater Kredite auf den Staat. Die Inflationierung des Geldes ist der nächste Schritt: die Überwälzung der faulen Kredite auf die Konsumenten durch den Staat.
Die kapitalistische Misswirtschaft treibt den Lebensstandard der Masse der Bevölkerung auch in den reichsten Ländern nach unten. Selbst in einem Land wie Deutschland müssen bereits jetzt um die 9 Millionen Erwerbstätige auf dem Niveau des Sozialhilfesatzes leben. Das sind bei rund 41 Millionen Erwerbstätigen mehr als 20 %. In Spanien sind selbst nach der offiziellen Statistik um die 20 % unter erbärmlichen Bedingungen arbeitslos - in Wirklichkeit sind es sogar eher 30 %. In Irland, Portugal oder Griechenland ist die Lage noch schlimmer. - Die blanke Not wird auch in Westeuropa wieder zu einer Massenerscheinung.
Während die offizielle Propaganda in Deutschland suggeriert, die Krise sei so gut wie überwunden und ein neuer Aufschwung stehe bevor oder finde schon statt, ist der Tiefpunkt in Wirklichkeit noch längst nicht erreicht. Die Auswirkungen der geplatzten Spekulationsblasen erreichen erst allmählich die Masse der Bevölkerung, während die Blasen mit Hilfe der staatlichen "Geldschöpfung" schon wieder bis an die Grenze eines neuen Zerplatzens gefüllt werden.
Der Geld- und Kreditüberbau der kapitalistischen Misswirtschaft ist so zerrüttet, dass seine Implosion sicher zu erwarten ist. Die "Verstetigung" der Schuldenkrise mittels staatlicher Garantien, also deren Verlagerung in die Zukunft - in der Hoffnung, so die Disproportionen zwischen der "Realwirtschaft" und dem mehrfachen Überhang an Geld und anderen papierenen Reichtumsansprüchen, für die es kein reales Äquivalent gibt, allmählich wieder in grössere Übereinstimmung zu bringen - ist pure Alchemie. Die Geldzauberei der Zentralbanken erzeugt nicht Gold, sondern Katzengold. Das zwangsweise "Gesundsparen" mittels "Sparauflagen" und "Restrukturierungs"programmen, wie es mit den Versuchskaninchen Griechenland, Irland und jetzt Portugal probiert wird, erlegt der Masse der Bevölkerung Lasten auf, die sie nicht tragen kann.
Das "Problem" wird auf chaotische Weise "gelöst" werden: Die Schulden werden nicht getilgt, sondern abgeschlagen.Ein bedeutender Teil des Kreditüberhangs wird untergehen, die Kreditketten werden zerreissen, die Währungen selbst sind gefährdet. Das ist der Moment, an dem die Versuche der "Verstetigung" der Geld- und Kreditkrise scheitern und die Krise voll "durchschlägt" auf Produktion und Verteilung. Das massenhaften Fallieren der Kredite, der Zusammenbruch der Staatshaushalte, die Entwertung des Geldes bringt vorübergehend auch die "Realwirtschaft" zum Erliegen.
Das ist es, was bevorsteht. Das ist Kapitalismus.