Selektive Wahrnehmung
Vergangene Woche und schon einige Zeit vorher waren die bürgerlichen Medien voll von "Berichterstattung" über einen bevorstehenden "Marsch der Millionen" in Moskau. Nach Polizeiangaben kamen zu der Veranstaltung dann 18 000. Das mag untertrieben sein, aber die Veranstalter selbst waren bezüglich der Teilnehmerzahlen ziemlich einsilbig - die Sache war eher ein Flop.
Heute haben in Rom 200 000 Menschen gegen die Regierung demonstriert. Das wurde von den selben Medien weder vorbereitend erörtert, noch wird es nachträglich ein Thema sein. Es ist schon journalistische Kühnheit, die Tatsache als solche zu melden.
So viel zu den "freien Medien". Sie bauschen auf, wo es politisch opportun ist, sie schweigen, wo politisch Unangenehmes für die Herrschenden passiert. - Lakaien der Macht; Speichellecker und Manipulateure: Das ist, was man völlig zu Unrecht "freie Medien" nennt. Damit formen sie das Bewusstsein der Medienkonsumenten, das westliche Weltbild in den Köpfen. Wirklichkeit und Wahrnehmung klaffen inzwischen so weit auseinander, dass sich allgemeines Unbehagen ausbreitet.
Die "Politikverdrossenheit" ist ein Symptom dafür. Sie ist ein Zwischenstadium. Die Wirkung der alten Manipulationsmethoden lässt nach. Die Journaille zahlt für sie einen Preis. - Ihre Reputation geht zugrunde. "Die Politik" ist ein Sumpf von Verlogenheit. "Die Medien" sind es auch. Das westliche Weltbild wackelt, zerbröselt. Ein neues, der Wirklichkeit besser entsprechendes formt sich erst tastend bei den kritischsten Elementen der Gesellschaft aus, während die Masse das Alte nicht mehr glaubt und das Neue noch nicht wahrnehmen will.
Die Realität ist aber ein unerbittlicher Lehrmeister.