China und die Krise - Zahlen und ein Vergleich

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner


Nach Ausbruch der Krise im September 2008 gab es viele Spekulationen darueber, wie China davon betroffen sein wuerde. Der Tenor war im allgemeinen, dass das Land aehnlich zu leiden haben werde wie die westliche Wirtschaft auch. Der hohe Export-Anteil am Sozialprodukt - um die 40 % und damit nicht viel weniger als der deutsche - schien dafuer zu sprechen. Mittlerweile kann man die Entwicklung fuer das Gesamtjahr 2009 auf einer soliden Datenbasis einschaetzen. Fuer die ersten neun Monaten 2009 liegen folgende Kennziffern vor:

Die Konsumgueterpreise fielen um 1,1 % (Das ist der erste Rueckgang seit 2002)
Die Herstellerpreise sanken um 6,5 %.
Die Industrieproduktion stieg um 8,7 % (im 3. Quartal um 12,4 %)
Die Pro-Kopf-Einkommen erhoehten sich in den staedtischen Gebieten um 10,5 %, auf dem Land um 9,2 %.
Der Umsatz des Einzelhandels stieg um 15,1 %.
Das Anlagevermoegen wuchs um 33,4 %.
Der Export fiel um 15,2 %,
die Importe um 3,5 %.

Der Konsum trug 4 % zum Wachstum bei, Investitionen 7,3 %.

Nach einer Verbesserung der Zahlen in den letzten Monaten wird jetzt davon ausgegangen, dass die Wachstumsrate 2009 die 8 % erreichen wird. (Fruehere Schaetzungen lagen etwas niedriger.)

China Daily News schreibt: "Gegenwaertig befindet sich die chinesische Wirtschaft in einer kritischen Periode der Stabilisierung und beschleunigten Wachstums. Die Basis fuer eine voellige Erholung muss konsolidiert werden. Die Nachfrage aus Uebersee ist noch schwach und es ist nach wie vor eineschwierige Aufgabe, die innere Nachfrage zu erhoehen und die oekonomische Struktur zu adjustieren." China werde in den kommenden Monaten seine auf Kontinuitaet und Stabilitaet gerichtete makrooekonomische Politik fortsetzen, darunter eine Foerderung der wirtschaftlichen Belebung mittels Steuerpolitik und Foerderung des Zugangs zu Krediten. Die aggressive Politik der Ausweitung des inneren Marktes hat den Rueckgang des Exports weitgehend ausgleichen koennen.

In Staaten wie Deutschland wird viel darueber gesprochen, dass der Staat die Wirtschaft vor der Krise retten, wenigstens das Schlimmste verhindern etc. muesse. Die westlichen Regierungen versuchen ihren Buegern auch den Eindruck zu vermitteln, dass sie das koennen.
Das steht im Widerspruch zur tatsaechlichen Entwicklung. Trotz der Geldschoepgfung aus dem Nichts und einer zusaetzlichen Staatsverschuldung in astronomischen Hoehen von Tausenden Milliarden Dollar ist die Entwicklung in Produktion und Konsum weiter ruecklaeufig. Was sich - auf der Basis des Geldmengenwachstums ohne Gegenwert - "konsolidiert" hat, sind Aktienkurse, Renditen - Buchgewinne, die der weiter wuchernden Spekulation zu verdanken sind. Die reale Nachfrage nach Konsumguetern kann auch nicht steigen, wenn die Massenkaufkraft infolge Arbeitslosigkeit, stagnierenden oder sogar sinkenden Loehnen und Altersrenten abnimmt.

Der Krisenverlauf bleibt daher, mit allen sozialen Folgen, im wesentlichen sich selbst ueberlassen. Die staatlichen Massnahmen richten sich vorrangig darauf zu verhindern, das das Finanz- und Waehrungssystem kollabiert, was einen voruebergehenden Stillstand der "Realwirtschaft" zur Folge haette.

Tatsaechlich haben die westlichen Regierungen auch nicht recht viel mehr Mittel, der Krise zu steuern, als Steuer- und Geldmengenpolitik. Und auch dies tun sie nicht in erster Linie im Interesse der Buerger, sondern der Banken, Versicherungen, Fonds und Konzerne, die den entscheidenden Einfluss auf die Regierungspolitik ausueben. Die neoliberale Ideologie verunmoeglicht harte Eingriffe in die Wirtschaft unter volkswirtschaftlichen oder gar am Gemeinwohl orientierten Gesichtspunkten.

Genau das ist in China anders, und deswegen kommt dieses Land trotz aller Schwierigkeiten mit der Krise besser zurecht. Die Wirtschaft wird nach wie vor ueber die Fuenfjahrplaene makrooekonomisch gesteuert, die Kapitalisten muessen in einem gewissen Mass im Rahmen von volkswirtschaftlichen Entwicklungsplaenen und damit im Rahmen politischer Zielsetzungen agieren. Nicht zuletzt befindet sich nach wie vor etwa ein Drittel der Wirtschaft in Staatshand oder in der Hand anderer kollektiver Eigentuemer (Kommunen, Genossenschaften), darunter wirtschaftsstrategisch wichtige Schluesselbetriebe und die grosse Infrastruktur - Verkehr, Energieversorgung etc. - und nicht zuletzt ein grosser Teil der Finanzunternehmen. Vielfach hat der Staat als Minderheitsteilhaber und ueber vertragliche Vereinbarungen auch in den grossen privaten Konzernen das letzte Wort oder kann mindestens bedeutenden Einfluss ausueben.

Das ist genau das, was in den westlichen Staaten fehlt. Und dazu kommt, dass in China eine Regierung an der Macht ist, deren Hauptsorge die Entwicklung des Landes und des Lebensstandards der Bevoelkerung ist. Soweit Kapitalismus herrscht, hat dieser dem zu dienen - und es ist nicht umgekehrt, wie das in den westlichen Staaten der Fall ist.

Daten aus:
http://www.chinadaily.com.cn/bizchina/2009-10/22/content_8830742.htm 

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Den Beitrag gibt es auch unter http://www.secarts.org
 

Veröffentlicht in China

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