Die Lehre von Dannenberg: Das Volk kann die Staatsmacht besiegen.

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

 

Nach dem Ende der Anti-Castor-Aktionen habe ich in diesem Blog geschrieben:

 

Mit 91 Stunden Verspätung und dem Einsatz von 20 000 Polizisten wurde der Castor-Transport an sein Ziel gebracht. Der Staat hat sich gegen die protestierenden Bürger durchgesetzt. Aber auf dem jetzigen Niveau der juristischen und der polizeilichen Gewaltmittel konnte er das gerade noch. Die Anti-Atombewegung war diesmal so stark und militant, dass sie nahe an die Grenze herankam, jenseits derer das staatliche Gewaltmonopol praktisch in Frage gestanden hätte und der Wille eines bedeutenden Teils der Bevölkerung, wahrscheinlich der überwiegenden Mehrheit, sich praktisch durchgesetzt hätte.

 

Das ist eine Lehre.

 

Bürgerbewegungen haben das Potential, sich gegen den Staat durchzusetzen. Der Staat ist nicht allmächtig. Das hängt einfach von der Zahl der Aktivisten, dem politischen Willen, der Militanz und dem Rückhalt der Aktivisten in der Bevölkerung ab. - Es ist nicht wahr, dass "man gegen die da oben nichts machen kann". Es ist umgekehrt: "Die da oben" können nichts machen, wenn bedeutende Teile der Bevölkerung sich aktiv dagegenstellen. Eine Staatsmacht, die sich vom politischen Willen der Bevölkerung löst, sich ihm entgegenstellt, beständig versucht, die Bürger auszutricksen und sie ständig belügt und für dumm verkauft, verfügt zwar vermittels ihres Gewaltapparats über grosse Macht, aber die Bürger können sich mächtiger machen, wenn sie wollen und es tun. Eine solche Staatsmacht ist taktisch ernst zu nehmen, aber strategisch ist sie ein Papiertiger.

 

Die kritische Masse ist beim diesjährigen Castortransport noch nicht ganz erreicht worden, aber es hat nicht mehr viel gefehlt. ( http://kritische-massen.over-blog.de/article-castor-das-war-nahe-an-der-kritischen-masse-60628819.html )

 

 

 

"Kranichos" war dabei. Er schildert in seinem opablog, wie es war. Tatsächlich vermitteln die Anti-Castor-Aktionen eine Ahnung davon, wie es sein müsste, wenn das Volk gegen die Macht aufsteht, wenn die staatlichen Reprsssionsorgane an ihre Grenze kommen und die einfachen Polizisten - und künftig die Soldaten bei ihren bevorstehenden Einsätzen im Innnern - selbst zu überlegen anfangen, ob sie den Befehlen noch gehorchen (Und wenn, kommt es immer noch sehr auf das Wie an). Solche Überlegungen können, müssen aber nicht moralischer Natur sein. Die normalen Soldaten und Polizisten, die Befehlsempfänger, müssen bei einem bestimmten Stand der Dinge schon aus persönlichem Interesse zu denken anfangen: Wie wird es sein, wenn sich eine neue Macht durchsetzt ? Werde ich dann meinen Beruf noch ausüben dürfen, wenn ich mich vorher wie ein Schwein benommen habe ?

 

Wenn das Volk - die Lohnabhängigen und Arbeitslosen, die Jugend und die Rentner, die kleinen Selbständigen und die Intellektuellen, die sich nicht mehr an die Macht verkaufen wollen - aufsteht, kann ihm keine Staatsmacht widerstehen. Das hängt nur von der Breite, Organisertheit und Zielklarheit der Bewegung, von Mut und Willen ab. Castor vermittelt davon eine Ahnung. Noch ging es nur um ein Thema, die grosse Teilnehmerzahl war noch nicht gross genug, die Entschlossenheit war noch nicht gross genug.

 

Bis zu ähnlich radikalen Aktionen, die nicht ein "Thema", sondern eine vernünftigere und humanere gesellschaftliche Ordnung zum Ziel haben, ist es - nicht unbedingt zeitlich, aber in unseren Köpfen - noch ein weiter Weg. Aber wenn eine solche neue Ordnung erst einmal in den Köpfen ist, weil die alte nicht mehr auszuhalten ist, wird es so ähnlich gehen wie in Dannenberg - bloss dann nicht mehr in Dannenberg, sondern von Hintertupfing bis ins Zentrum der Macht, bis nach Berlin.

 

Hier der Erfahrungsbericht von Kranichos, und was ihm rund um Dannenberg durch den Kopf ging:

 

http://opablog.twoday.net/stories/11454893/

 

Den Stand danach fasst Kranichos so zusammen:

 

Offensichtlich ist Kriminalisierung der Widerständigen und die weitere Einschränkung des Demonstrationsrechtes die einzige Reaktion der Politik. Der bisher gewalttätigste Polizeieinsatz bei Castortransporten zeigt, daß die Politik der Atomkonzerne mit aller Macht durchgesetzt werden soll.
Doch was, wenn das nächste Mal statt 5000 Menschen 50000 auf der Schiene sitzen? Das Teile der Polizei in diesem Jahr am Kapitulieren waren, ein Umdenken bei vielen Polizisten eingesetzt hat, war deutlich zu merken. Viele haben keine Lust mehr, für die Atomlobby ihren Rücken hinzuhalten.
Was tun?   

 

"Das war nahe an der kritischen Masse", hatte ich den eingangs zitierten Beitrag überschrieben.

 

Vielleicht kann die kritische Masse beim nächsten mal erreicht werden ?

 

 

Veröffentlicht in Kultur und Gesellschaft

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A
<br /> <br /> Das sehe ich genauso! Diesmal fehlte nur ein einziger, weiterer, größerer Demonstrations-anlass und die Polizei wäre am Ende gewesen. Das wäre dann der kritische Punkt, wo entweder zur Bundeswehr<br /> oder zur Waffengewalt oder zu beidem gegriffen worden wäre!<br /> <br /> <br /> <br />
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