Generalstreik in Südeuropa: "Bringen wird das Ganze nicht viel" ?

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

"Bringen wird das Ganze nicht viel", steht heute in der FAZ zum Generalstreik auf der iberischen Halbinsel und in anderen Staaten des "EU-Südens". Der Streik werde keine Politikwende erzwingen können. Das wird so sein. Aber was ist daraus zu schlussfolgern ? - Die Regierenden regieren gegen das Volk, und selbst befristete Generalstreiks sind kein Mittel, sie davon abzubringen ? Wenn das so ist, wenn sie den Bogen bis zum Brechen spannen wollen, gibt es stärkere Mittel, zum Beispiel den unbefristeten Generalstreik. In Griechenland wird überlegt, ob zur Besetzung der staatlichen Institutionen übergegangen werden muss, wenn sich die Regierung gegenüber den Volksforderungen weiterhin taub stellt. Und die Arbeiterbewegung hat im Lauf ihrer Geschichte viele weitere Mittel erfunden, zum Beispiel die Besetzung der Betriebe.

 

Zynisch stellt der FAZ-Schreiber fest, dass die Gewerkschaften im Lauf der Krise geschwächt worden sind. Geschwächt bedeutet: Die Menschen, die noch Arbeit haben, schwanken zwischen Widerstand und Unterwerfung. Jeder Streiktag bringt ausserdem Lohnausfall. Das ist nicht leicht, wenn die Löhne so weit gedrückt sind, dass sie ohnehin kaum noch zum Überleben reichen. Lediglich im öffentlichen Dienst seien die Gewerkschaften noch kampfstark, heisst es in der FAZ. Was nicht da steht, aber gemeint ist: Also muss die Gewerkschaftskraft auch im öffentlichen Dienst gebrochen werden. 

 

Biegen oder brechen: Das kann auch anders ausgehen. Wenn ein Teil der von der Verarmungspolitik betroffenen Menschen immer noch zwischen Resignation und Widerstand schwankt, kann dieses Schwanken auch in Richtung Widerstand und Radikalisierung gehen. Das wird desto mehr zur einzigen Möglichkeit, je rigoroser die Herrschenden "durchziehen". Entschiedenere Mittel werden immer logischer, zwingender.

 

Die Arbeiterklasse hat in Westeuropa in den letzten Jahrzehnten wenig Ambitionen gezeigt, die Machtfrage zu stellen. Die Mehrheit war der Meinung, man könne sich im Kapitalismus schon irgendwie einrichten.  Eben dieses sich einrichten Können steht jetzt mehr und mehr in Frage. Die Sozialpartnerschafts-Illusionen zerbröseln. Der ganze ideologische Quatsch, mit dem die Hirne vernebelt werden, "Zivilgesellschaft", "Standort", "Sachzwang", "Globalisierung", "postindusrielle Gesellschaft", "Konsumgesellschaft", "Individualisierung" etc. pp. verliert an Wirksamkeit. Die Verhältnisse sind objektiv klar, und sie werden auch in den Köpfen wieder klarer. Der im Rahmen der kapitalistischen Verhältnisse unauflösbare Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital tritt wieder schärfer und schärfer hervor.

 

Die Arbeitenden sind es, die allen Reichtum hervorbringen. Die Kapitalisten eignen sich diesen Reichtum an, weil ihnen die Produktionsmittel gehören. Wenn sie meinen, sie könnten ihn noch weiter dadurch vermehren, dass sie die Arbeitenden aufs Existenzminimum - oder die "überflüssige" Arbeitskraft sogar darunter - drücken, bleibt der Arbeiterklasse nur noch die Wahl zwischen Ergebung und Aufstand. 

 

 

Veröffentlicht in Kultur und Gesellschaft

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