Guttenberg, Afghanistan, wir, die Demokratie und nachgeschobene Gruende
Guttenberg zum Afghanistankrieg: "... haben wir nicht Gruende nachgeschoben, um in schwierigen Moment auch einmal die Anerkennung unserer Bevoelkerung zu bekommen ? Natuerlich ist es unbestritten wichtig, dass man Kindern hilft, dass man Frauen hilft in ihren Rechten und all jenen ... Aber das waren Gruende, die nachgechoben wurden. Der eigentliche Grund damals war ..."
... war welcher ? - Das ist hier zu lesen:
Juergen Rose, Oberstleutnant der Bundeswehr a.D. antwortet auf einen Artikel von Torsten Woehlert im Freitag. Dabei zeigt er den aussen- und militaerpolitischen Kontext der deutschen Kriegsbeteiligung in Afghanistan auf:
http://www.lebenshaus-alb.de/magazin/006347.html
Der Text bezieht sich auf diesen Artikel im Freitag:
http://www.freitag.de/positionen/1020-raus-aus-afghanistan-und-dann
Zurueck zu Guttenberg:
Wir haben uns so daran gewoehnt, dass wir es einfach ueberlesen. - Sagt dieser Mensch da ganz selbstverstaendlich, der eigenen Ueberhebung und der eingefleischten Untertaenigkeit der Buerger schon gar nicht mehr gewahr, weil beides so selbstverstaendlich ist:
"... wir haben Gruende nachgeschoben ... um ... auch einmal die Anerkennung unserer Bevoelkerung zu bekommen ..."
Dieser Mensch ist Minister in der deutschen Regierung, die ihre Legitimitaet auf allgemeine Wahlen gruendet. In seinem Amt hat er, der Verfassung nach, auf die er schwoert, das Volk zu vertreten. Der Souveraen ist nach dem Grundgesetz das Volk. Und dieser Mensch redet ueber diejenigen, deren politischen Willen er erfuellen soll, so: "wir" ... "unsere Bevoelkerung ..."
Sein Wir ist nicht das Staatsvolk, sondern die politische Elite, die Staatsfunktionaere, der Apparat. Die Apparatschiks sind es, die das Sagen haben, die "unserer" - ihrer - "Bevoelkerung" ... "Gruende nachschiebt", das heisst: den Souveraen, der veraechtlich "unsere Bevoelkerung" genannt wird, verarscht.; mit der groessten Selbstverstaendlichkeit, ohne sich etwas dabei zu denken, ohne Angst, nach einem solchen Satz seinen Hut nehmen zu muessen.
Das ist es. Das ist Demokratie pur - die, die in Deutschland heute besteht. Sie ist formal. Ihre Prozeduren spiegeln etwas vor, das gar nicht ist. Sie sind Theater. Realitaet ist der autokratische Amtsinhaber, fuer den der Souveraen ein Untertan ist, "unsere Bevoelkerung", dem man "Gruende nachschiebt", damit er "auch einmal anerkennt", was die Staatsmaschinerie so treibt, wenn es auch nicht darauf ankommt, ob er anerkennt oder nicht.
Das ist der Grund der "Politikverdrossenheit". Die Buerger spueren, dass diese Sorte Demokratie Fassade ist und dass die Aufforderung, Wahlkreuzchen zu malen, von Seiten dieser Leute ein zynischer Scherz ist: Kreuzt an, was ihr wollt, heraus kommt etwas anderes als ihr wollt. Herauskommt das, was wir wollen - der Apparat. Und selbst, wenn einer einmal allzu unbedacht frech ist und doch seinen Hut nehmen muss - was solls: Er ist ohnehin materiell gut versorgt und erhaelt, wenn er will, ein lukratives Poestchen in der Privatwirtschaft.
Die Privatwirtschaft weiss es naemlich zu schaetzen, sagt Guttenbergs Apparatschik-Kollege Koch, wenn man aus dem Apparat kommt, denn dann ist man jemand, der sich auf er "anderen Seite des Tisches" auskennt. Auf der einen Seite des Tisches sitzen die Banken, das grosse Geld, auf der anderen Seite des Tisches die Staatsfunktionaere. Zusammen sind sie "wir". Und unter dem Tisch hockt der Souveraen, der jetzt nicht einmal mehr sozialpartnerschaftliche Knochen zugeworfen kriegt.
Der auf den Hund gekommene Souveraen kann unter dem Tisch hervorkriechen und aufstehen. Wenn er unter dem Tisch hocken bleibt, auf sozialpertnerschaftliche Knochen wartend, und das mittlerweile auch noch vergeblich, muss er sich weiterhin von den Guttenbergs verhoehnen lassen.