IG Metall-Vorstand: Ausstieg aus der Atomwirtschaft !

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

 

 

IG Metall Vorstand

VB 01, Grundsatzfragen 14. März 2011

  

Kurzinformation:

IG Metall Position zur Atomkraft und zur Energiepolitik

I. Atomenergie hat keine Zukunft – Bundesregierung muss die Laufzeitverlängerung der Atom-kraftwerke zurücknehmen

Mit der atomaren Katastrophe in Japan ist die Auseinandersetzung über die Atomkraft in Deutschland wieder neu entbrannt. Die IG Metall setzt auf eine Energieversorgung ohne Atomkraft.. Die Mehrheit der Menschen in Deutschland lehnt die von der schwarz-gelben Bundesregierung beschlossenen Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke ab!

Die IG Metall fordert

  1. die Bundesregierung auf, die im November 2010 beschlossene Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke um bis zu 14 Jahre zurück zu nehmen. Das jetzt von Merkel und Westerwelle an-gekündigte Moratorium reicht bei weitem nicht aus.
  1. den im Jahr 2000 zwischen der damaligen rot-grünen Bundesregierung und den Energiekonzer-nen vereinbarte Atomkonsens wieder zur Grundlage für einen geplanten Ausstieg aus der Atom-energie bis 2020 zu machen.
  1. die sofortige Abschaltung der ältesten Atomkraftwerke. (Darunter Neckarwestheim 1 und Biblis A und B, die nach dem 2000 vereinbarten Atomkonsens bereits seit 2010 vom Netz sein müssten.)
  1. einen Energiemix ohne Atomkraft, Atomenergie wird als mittelfristige Brückentechnologie nicht gebraucht.

In diesem Jahr müssen wir den 25igsten Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl begehen. Tschernobyl steht nicht allein, in Harrisburgh in den USA hat es bereits 1979 einen atomaren Katast-rophenfall gegeben und auch in Europa haben schwere Störfälle stattgefunden. Diese Fälle bestäti-gen: Atomkraft ist auch bei höchsten Sicherheitsstandards eine Hochrisikotechnologie.

Absoluten Schutz vor Naturkatastrophen und Störfällen kann kein Sicherheitskonzept garantieren. Die Folgen für die Menschen sind katastrophal und die betroffenen Regionen leiden für unabsehbar lange Zeit an den Folgen. Mit dem schon heute angehäuften strahlenden Müll aus der Nutzung der Atom-energie belasten wir zukünftige Generationen.

Sicherheits-Checks, wie sie die Bundesregierung jetzt ankündigt, sind kein ausreichendes Mittel. Wie schnell Modellrechnungen hinfällig werden können, das beweist in diesen Tagen in tragischer Weise die Atomkatastrophe in Japan. Auch in Deutschland können Naturkatastrophen, Terroranschläge oder Flugzeugabstürze nicht ausgeschlossen werden. Auch menschliche oder technische Fehler können zu Störfällen führen.

Atomenergie eignet sich nicht als Brückentechnologie, im Gegenteil sie steht neuen innovativen Lö-sungen und einem zukunftsfähigen Umbau der Energieversorgung im Weg.

II. Eckpunkte der IG Metall für eine nachhaltige Energieerzeugung

Eine leistungsfähige Infrastruktur ist unverzichtbar für eine moderne Industriegesellschaft. Energie ist eine der tragenden Säulen. Einer funktionsfähigen und klima- und ressourcenschonenden Energie-versorgung kommt deshalb eine wachsende strategische Bedeutung zu. Dabei ist schon heute er-kennbar, dass die Erzeugung und der Einsatz von Energie einem enormen technologischen Wandel unterliegen werden.

Was sind die Eckpunkte für einen zukunftsfähigen Umbau der Energieversorgung aus Sicht der IG Metall:

1. Ausbau der erneuerbaren Energien hat Vorfahrt

Die IG Metall tritt für eine ökologisch nachhaltige Innovationsstrategie in der Energiepolitik ein. Die erneuerbaren Energien sind die tragenden Säulen einer kohlenstoffarmen Energieversorgung der Zukunft. Ziel ist es bis 2050 bei der Stromerzeugung den Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare zu schaffen. Die erneuerbaren Energien müssen die Leittechnologie sein und die konventionellen Ener-gieträger daran gemessen werden, ob sie den Ausbau der erneuerbaren Energien unterstützen.

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist ein Beispiel für die neuen grünen Leitmärkte und zeigt deren wachsende Bedeutung als zukünftiger Wirtschaftsfaktor. Vor allem die Windkraft und die Photo-voltaik haben in den letzten 20 Jahren den Sprung vom Nischenmarkt hin zu innovativen Industrie-branchen geschafft, die sich in Deutschland entlang der gesamten industriellen Wertschöpfungskette entwickelt haben.

Die Politik muss auch in Zukunft mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) einen stabilen Entwick-lungspfad für die Erneuerbaren Energien vorgeben. Das politische Tauziehen um die 2011 anstehen-de Revision des EEG wird wieder die Verteilungskämpfe in der Energiewirtschaft offen legen, wie wir sie zuletzt bei der Durchsetzung der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke erlebt haben. Die IG Metall setzt sich dafür ein, das EEG in seiner Wirkung für den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu erhalten.

2. Innovative, hocheffiziente Kraftwerkstechnologie statt Laufzeitverlängerung für Atomkraft-werke

Konventionelle Stromerzeugung wird noch über mehrere Jahrzehnte gebraucht werden. Nicht nach-haltig wäre ein Energiemix mit alten Kohlekraftwerken, die mangels Neubau länger am Netz bleiben und Strom ineffizienter und klimaschädlicher erzeugen, als dies durch heute bereits verfügbare Tech-nologie möglich ist.

Die IG Metall setzt deshalb auf eine grundlegende Modernisierung durch neue hocheffiziente Kohle- und Gaskraftwerke und den Ausbau der Kraft-Wärme-Koppelung. Mit der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke hat die Politik dazu keinen Beitrag geleistet. Im Gegenteil, sie zementiert alte Erzeu-gungsstrukturen und geht zu Lasten einer Modernisierung des Kraftwerksparks in Deutschland. Die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke wird zur Innovations- und Investitionsbremse.

3. Die Steigerung der Energieeffizienz hat enorme Potenziale – klimapolitisch und beschäfti-gungspolitisch

Die drastische Steigerung der Energieeffizienz und der Umstieg auf eine kohlenstoffarme Energieer-zeugung sind die zwei Seiten einer Medaille. Die IG Metall fordert von der Politik konkrete Maßnah-men, damit das selbstgesetzte Ziel einer Verdoppelung der Energieproduktivität auch erreicht werden kann, wie etwa die Einführung eines Energieeffizienzfonds und den Ausbau der Förderung für die energetische Gebäudesanierung.

Die Steigerung der Energieeffizienz ist auch der kostengünstigste Weg für eine nachhaltige Energie-versorgung und ein Beitrag für zukunftssichere Arbeitsplätze. Zahlreiche Studien zeigen über alle Betriebe hinweg liegen die wirtschaftlichen Potenziale zur Energieeinsparung zwischen 10 und 20 Prozent der Energiekosten. Zu den Branchen, in denen energieeffiziente Technologien und Produkte zunehmend relevant sind, zählen Transport und Verkehr, Gebäudetechnik, Maschinen- und Anlagen-bau, Informationstechnologien, energieintensive Industrien und die Energiewirtschaft.

4. Investitionen in Netz- und Speichertechnologien

Ein weiterer Ausbau der Erneuerbaren Energien geht nicht ohne Veränderungen bei den bestehenden Netzen und ohne den Ausbau von Speichertechnologien. Deshalb ist die Weiterentwicklung der Stromnetze und der Bau neuer Energiespeicher ein Schlüssel für den nachhaltigen Umbau der Ener-gieversorgung. Das reicht von neuer Hochspannungsübertragungstechnik über das Einspeisemana-gement dezentraler Energieerzeugungsanlagen bis zu flexibler Mess- und Steuerungstechnik für Stromverbraucher. Der Ausbau von Netzen und Speicher stellt eine der größten Herausforderungen für den Strukturwandel in der Energieerzeugung dar.

5. Der Strukturwandel in der Energieerzeugung muss mit einer arbeitsorientierten Industriepoli-tik begleitet werden

Der Umbau der Energieerzeugung ist nicht nur eine technologische Herausforderung, sondern muss auch sozial begleitet werden. Neben den wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Chancen, die sich bei den Erneuerbaren Energien ergeben, muss es dort wo Beschäftigte von Abbau und Schlie-ßung betroffen sind Lösungen durch Sozialtarifverträge und eine regionale Strukturpolitik geben, die

neue Perspektiven für Beschäftigung aufbaut. Der Strukturwandel muss durch eine aktive arbeitsori-entierte Industriepolitik der Bundesregierung und auf europäischer Ebene begleitet werden, die darauf abzielt die regionale Wertschöpfung und Beschäftigung in der Energieerzeugung zu erhalten.

Damit der Strukturwandel auch für die Beschäftigten eine wirkliche Perspektive aufzeigt, müssen gute Bezahlung und faire Arbeitsbedingungen in den neuen Branchen der Erneuerbaren Energien einen hohen Stellenwert bekommen. Ziel der IG Metall ist es bei den Erneuerbaren Energien betriebliche Mitbestimmung und tarifliche Bezahlung in viel mehr Betrieben als dies zur Zeit der Fall ist durchzu-setzen.

III. Kleiner Rückblick zur Beschlussfassung:

  1. 1986 beschließt der 13. ordentliche DGB-Bundeskongress den Ausstieg aus der Kernenergie, der Beschluss wird von allen Gewerkschaften mitgetragen.
  2. 1986 beschließt der 15. ordentliche Gewerkschaftstag der IG Metall den Ausstieg aus der Kern-energie und bestätigt ausdrücklich die Beschlussfassung des DGB-Bundeskongress.
  3. Auf den später folgenden Gewerkschaftstagen der IG Metall und auf DGB-Bundeskongressen wird dieser Beschluss mehrfach im Rahmen von Entschließungen und Anträgen bestätigt, trotz immer wieder aufkommender interner Debatten.

Veröffentlicht in Deutschland

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A
<br /> <br /> Der "DGB"....der sollte sich mal lieber um die Sachen kümmern, bei denen er wirklich etwas bewegen könnte!<br /> <br /> <br /> Es ist leicht im Fahrwasser der "aktuellen Meinungen" mitzuschwimmen - wenn man für nichts einstehen muß! (obwohl der Verein diesbezüglich Recht hat!)<br /> <br /> <br /> <br />
Antworten
S
<br /> <br /> Wenn auch sonst nicht viel passiert - wenigstens "eine Stimme", die man zitieren kann. Naja, wenigstens einigermassen.<br /> <br /> <br /> <br />