Syrien: Worauf will die türkische Regierung hinaus ?

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

Seit Beginn der verdeckten Intervention in Syrien hat die Regierung Erdogan die gut nachbarschaftlichen Beziehungen mit Syrien absichtlich, planmässig und mutwillig zerstört. Sie lässt zu, dass sich die westlichen Geheimdienste und Militärs im Grenzgebiet zu Syrien breitmachen und dort die für den Einsatz in Syrien vorgesehenen Söldner sammeln, organisieren, bewaffnen und ausbilden. Die türkische Grenzregion zu Syrien dient als Rückzugs- und Nachschubraum für die auf syrischem Gebiet operierenden Terroristen. Die Türkei nimmt syrische Deserteure auf und beherbergt die mit den USA, Frankeich und Deutschland verbandelten exilsyrischen Politikaster, die sich als Lakaien des Imperialismus verwenden lassen. Die Regierung Erdogan verhält sich in jeder Hinsicht von Beginn des Angriffs gegen Syrien an vertragsbrüchig und feindselig.

 

Zuletzt hat sie diese Feindseligkeit eskaliert. Unter dem Vorwand des angeblichen Beschusses türkischen Territoriums von Syrien aus hat das türkische Militär begonnen, so gut wie täglich "zurückzuschiessen". Dabei ist völlig klar, dass Syrien keinerlei Interesse haben kann, die Türkei zu provozieren, und dass Beschuss von syrischem Boden aus höchstwahrscheinlich von den imperialistischen Söldnerbanden kommt und Provokationszwecken dient. Falls wirklich syrische Granaten auf türkischem Boden eingeschlagen sind, kann es sich nur um Versehen handeln, und auch ein solches wäre nur möglich, weil die Söldner über die türkische Grenze direkt ins Gefecht gehen und die türkische Regierung dies zulässt. Obwohl offensichtlich ist, dass Syrien weder in der Lage ist noch ein Interesse haben kann, einen Krieg gegen die Türkei anzufangen, lügt Erdogan von syrischer Aggression, während er sie selber gegen Syrien begeht.

 

Der türkische Truppenaufmarsch wird verstärkt. Und jetzt hat die türkische Luftwaffe einen zivilen russischen Airbus auf dem Überflug über die Türkei zur Landung in Ankara gezwungen und seine Ladung "beschlagnahmt". Das geschah unmittelbar vor dem Besuchstermin Putins in Ankara. Putin sagte daraufhin den Besuch ab. Mittlerweile scheint klar zu sein, worum es sich bei dem angeblichen Waffentransport des Airbus handelte - um Spürgerät für die Auffindung von Sprengfallen und Störsender für deren Fernzündung, die die Söldnerbanden in Syrien in Massen legen, ohne Rücksicht auf die Bevölkerung ( link ). Erdogan verhindert also die Lieferung von Abwehrmitteln gegen den Bombenterror, während eben diese Bomben von der Türkei aus nach Syrien gebracht werden und dort Menschen zerfetzen, gleich ob Militär oder Zivilisten.

 

Dass die Politik der Erdogan-Regierung treulos gegenüber dem Nachbarn, vollkommen verlogen und unmoralisch ist, ist klar. Das ist in der Staatenkonkurrenz nichts Ungewöhnliches. Aber worauf soll das hinaus ? Erdogans NATO-"Partner" wollen nicht in einen konventionellen Krieg hineingezogen werden. Bei allen "Solidaritäts"erklärungen, die nicht weniger verlogen sind als die türkischen Erklärungen, haben sie das ziemlich klargestellt. Was bleibt übrig ?

 

- Kurzzeitige Vorstösse türkischen Militärs auf syrisches Gebiet und Bombardements aus der Luft, wie die Türkei sie seit langem gegen Irakisch-Kurdistan zur Bekämpfung der PKK durchführt ? Ist die Kalkulation, die syrische Regierung müsse das aus Schwäche dulden, wie die irakische es duldet ?

 

- Destabilisierung der von Kurden bewohnten und zur Zeit praktisch selbstverwalteten syrischen Grenzregion, um den PKK-Einheiten, die in Türkisch-Kurdistan operieren, einen Rückzugsraum zu nehmen ?

 

- Die alawitische Bevölkerung im türkischen Grenzgebiet zu Syrien, die zum Grossteil mit den Syrern sympathisiert, unter Kriegsrecht stellen und damit ruhig halten ?

 

- Die von Erdogan seit längerem geforderte "Schutzzone für syrische Flüchtlinge" auf syrischem Gebiet unter "internationaler Aufsicht" durchsetzen ? (Das wäre gleichbedeutend mit dem Vorschieben des Aufmarschgebiets der Söldnertruppen auf syrisches Gebiet und dessen "Schutz" durch NATO-Militär.)

 

Wahrscheinlich all das zusammen. Ob der Nutzen dieser Politik Erdogans wirklich die Kosten übersteigt, ist fraglich. Die russische Antwort auf die Luftpiraterie wird nicht lange auf sich warten lassen. Repression gegen die Alewiten im Grenzgebiet wird die innertürkischen Konflikte verschärfen, und Alewiten gibt es in der ganzen Türkei. Das Gleiche gilt für die Kurden. Die Iraner bekommen vorgeführt, was von einem solchen"Freund" im Konfliktfall zu halten ist. Ist Erdogan ein verlogener, gerissener, aber kurzsichtiger und dämlicher Politiker ? Wahrscheinlich. Wenn es den Imperialisten gelingen sollte, in Syrien ein Quisling-Regime an die Macht zu bringen, werden sie es ihm nicht danken. Dann wird Erdogan als der Depp dastehen, der sich moralisch völlig diskreditiert hat und nicht einmal etwas davon hat. Er spielt gegen Syrien ohne Notwendigkeit mit hohem Einsatz und geringen Gewinnaussichten auch um seinen eigenen Kopf.

Veröffentlicht in Naher-Mittlerer Osten

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A
<br /> Wenn er aber ein Gefolgsmann der Gülen-Bewegung und damit letztlich ein Lakai der USA wäre, dann könnte sein Handeln Sinn machen. Jedenfalls ist er von der von seinem Aussenminister Ahmet Davutoğlu lange propagierten "Null-Probleme-mit-den-Nachbarn-Politik" sehr deutlich abgerückt und verfolgt nun eine Neo-Osmanische Großmachtpolitik.<br /> <br /> <br /> Davon müssten sich dann allerdings potentiell alle Nachbarn der Türkei fürchten?<br /> <br />
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S
<br /> <br /> Ja. Das würde bedeuten, dass er bewusst eine Politik macht, die gegen die nationalen Interessen der Türkei gerichtet ist.<br /> <br /> <br /> <br />