Gedanken zu gegenwärtigen internationalen Entwicklungstendenzen

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

von Anton Latzo

 

 

Gut zwei Jahrzehnte nach der Niederlage des Sozialismus in der UdSSR und in den anderen osteuropäischen Staaten und der Restauration des Kapitalismus in allen Staaten Europas haben tief greifende qualitative gesellschaftliche Veränderungen in Europa und in der Welt stattgefunden, die nachhaltige Spuren in der Geschichte der Menschheit hinterlassen. Diese Veränderungen umfassen alle Bereiche der Ökonomie, Politik, Kultur, Ideologie, Moral usw.

Die Niederlage und ihre Folgen sind ein Rückschlag im Ringen um eine ausbeutungs- und unterdrückungsfreie Gesellschaft, aber auch im Kampf um die Gestaltung friedlicher europäischer und internationaler Verhältnisse, die von der Souveränität und Gleichberechtigung der Staaten, von der Achtung gegenüber anderen Völkern und ihren Leistungen charakterisiert sind.

 

Der Sieg der Konterevolution ist aber kein Triumph des gedeihenden, sondern des krachenden Kapitalismus, des Imperialismus, auf dessen Fahnen geschrieben steht: Klassenkampf, Konkurrenz, Krieg. Wir haben es mit einer veränderten Klassenkampfsituation in nationalem Rahmen und auf der internationalen Ebene zu tun.

 

Das Fehlen des Sozialismus als Hauptfaktor der internationalen Beziehungen hat tief greifende negative Auswirkungen auf das internationale Kräfteverhältnis und seine Entwicklung. Der aus dem Streben nach Profit und aus der ungleichmäßigen ökonomischen und politischen Entwicklung des Kapitalismus erwachsende Kampf um die Neuaufteilung der Welt wird immer offener geführt. Krieg ist zu einem international weitgehend akzeptierten Instrument der Politik der imperialistischen Großmächte geworden. Die Militarisierung breitet sich auf immer neue Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in den imperialistischen Staaten und auf ihre Außenpolitik aus und verstärkt die reaktionäre Entwicklung in den Ländern und in ihrem äußeren Verhalten. Das Völkerrecht und die Internationalen Organisationen wurden zu Instrumenten der imperialistischen Politik degradiert und werden zur Rechtfertigung imperialistischer Aggressionskriege missbraucht.

 

Die neue Lage ermöglicht den kapitalistischen Großmächten, ihre als Interessen umschriebenen expansiven und neokolonialistischen Ziele gegenüber den anderen Staaten und Völkern ungezügelt zu präsentieren und wenn nötig mit Krieg durchzusetzen sowie die innerimperialistischen Widersprüche mit größerem Nachdruck auszutragen. Der antagonistische Charakter der kapitalistischen Produktionsweise ist auf seinen einfachsten und klarsten Ausdruck zurückgeführt worden.

Die widersprüchlichen Prozesse in den internationalen Beziehungen der Gegenwart werden durch die anhaltende und sich vertiefende Krise des Kapitalismus vertieft. Die Krise verstärkt die reaktioären Tendenzen und die Unberechenbarkeit der Verläufe in diesen Prozessen. Die Tendenz der Polarisierung schreitet voran.

 

Die Krise verschärft die ökonomische und politische Konkurrenz zwischen den imperialistischen Mächten wie auch zwischen den etablierten und neu aufkommenden Mächten. Die Verschärfung des Kampfes zwischen den imperialistischen Mächten um Märkte, Zugang zu Rohstoffquellen und politische Einflusssphären hat zur Folge, dass Mächte wie die USA, die BRD und andere bestrebt sind, ihre jeweiligen Bündnisse verstärkt in die Realisierung ihrer Ziele einzubeziehen., ihre aggressive Politik unter dem Deckmantel dieser Bündnisse durchzuführen. Widersprüche innerhalb der Bündnisse nehmen aber ebenfalls zu, weil die einzelnen Mächte ihre Ziele in den Vordergrund stellen und zu Ungunsten anderer Mächte realisieren wollen. Die Unsicherheitsfaktoren, die daraus für den Frieden und für die Kalkulierbarkeit des Verlaufs der internationalen Beziehungen entstehen, sind nicht zu übersehen. Daraus entsteht auch eine Steigerung der Aggressivität dieser Bündnisse.

 

Anlass zur Besorgnis und ein Ergebnis der Politik der imperialistischen Mächte unter den veränderten Bedingungen ist die wachsende Zahl an regionalen Spannungs- und Konfliktsituationen, die immer öfter mit dem Einsatz militärischer Gewalt bzw. durch Krieg einer Lösung zugeführt werden sollen. Die Krise verstärkt das Aufkommen solcher Situationen.

 

Eine weitere Gefahrenquelle erweitert sich in Gestalt der Verstärkung neoimperialistischer Tendenzen der Anfachung ethnischer Konflikte in allen Teilen der Welt, die zur Kleinstaaterei durch Zerschlagung bestehender staatlicher Gebilde auf der Grundlage der Realisierung des Prinzips des Teile und Herrsche führen.

 

Der Boden für neue Gefahrenquellen bleibt auch deshalb fruchtbar, weil die Widersprüche und strukturellen Probleme, die der andauernden Krise zugrunde liegen, nicht gelöst werden konnten. Auftretende Erholungstendenzen der Weltwirtschaft bleiben unausgewogen und zerbrechlich.

 

Unter solchen Bedingungen bleibt das internationale Wettrüsten bestehen und verstärkt die Unsicherheitsfaktoren für den Frieden in der Welt. Die kapitalistischen Großmächte, die NATO, die EU entwickeln ihre Sicherheits- und Militärstrategien ununterbrochen weiter. Laufend werden Militärreformen durchgeführt und ausgeklügelte Militärtechnologien entwickelt. Strategien für die militärische Nutzung des Weltraums werden erdacht und eingeführt. Die Mittel zur Ausführung weltweiter Militärschläge sind vorhanden und einsatzfähig. Diese und zahlreiche gleichgerichtete Prozesse finden in einem Raum statt, der von einem ideologischen Vakuum bei großen Teilen der Bevölkerung beherrscht wird, in dem aber der Antikommunismus günstige Entfaltungsmöglichkeiten vorfindet.

 

Daraus ergibt sich: Der Weltfrieden bleibt trügerisch!

Die Hauptrichtung im Wandel in der internationalen Lage kommt in einer Zunahme des internationalen strategischen Wettbewerbs bezüglich der weltpolitischen Rangordnung zum Ausdruck. Das internationale Gleichgewicht der Groß mächte verändert sich und bringt ständig neue Unsicherheit und neue Gefahren hervor.

 

Leider verfügt die Arbeiterbewegung heute weder über eine gemeinsame Strategie des Kampfes gegen den Kapitalismus/Imperialismus und seine Politik und noch weniger über gemeinsam erarbeitete Orientierungspunkte für eine gemeinsame Außenpolitik. Eine klare strategische Ausrichtung, die auf einer marxistischen Analyse der Gegebenheiten beruht, ist aber Voraussetzung für das Entstehen eines wirksamen Zusammenwirkens mit anderen Bündnispartnern.

 

Deshalb sind auch die Fragen der internationalen Beziehungen und des Friedenskampfes mehr als je zuvor vom Standpunkt der Interessen der Arbeiterbewegung zu stellen und zu werten. Vor allem ist es notwendig, das einzelne Ereignis, das Äußere, das Scheinbare auf die grundlegenden Triebkräfte, auf die Entwicklung der Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse, auf ihren Klassencharakter und den Klassenkampf zurückzuführen.

Die kommunistischen/sozialistischen Parteien, alle marxistischen Kräfte sind gefordert, die marxistisch-leninistischen Erkenntnisse und die auf dieser Grundlage gemachten Erfahrungen der nationalen und internationalen Arbeiterbewegung auf diese neuen Bedingungen des Klassenkampfes anzuwenden, der entweder mit dem Sieg der Arbeiterklasse oder mit der Rückbildung der Zivilisation in die Barbarei enden kann.

 

Quelle: http://www.dkp-online.de/uz/

Veröffentlicht in Weltwirtschaftskrise

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren:
Kommentiere diesen Post