Syrien-Aufruf: Konstantin Wecker antwortet auf Kritik

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

Im Unterschied zu so manchen Leuten, die den Aufruf "Freiheit braucht Beistand" unterschrieben haben, ist Konstantin Wecker ein integrer und ehrlicher Mensch. Das wird von vielen geschätzt, auch wenn es politisch nicht immer Übereinstimmung gibt. Wecker ist von verschiedenen Seiten dafür kritisiert worden, dass er diesen Aufruf unterschrieben hat. Ich finde, mit Recht. Wo ein Polenz, eine Nahles, eine Roth unter einem angeblich für eine zivile Lösung werbenden Aufruf stehen - und dies von den Initiatoren akzeptiert wird -, kann es sich nicht um eine ehrliche Sache handeln. Diese Herrschaften schicken gerade deutsche Soldaten mit Patriotraketen in einen neuen Konflikt, auf noch einen Kriegsschauplatz, immer auf der Suche nach einem Platz an der Sonne fürs deutsche Grosskapital. Mit solchen Leuten zusammen kann, finde ich, niemand auf einer Unterzeichnerliste stehen, der es mit den Menschen in Syrien wohlmeint.

 

Wecker hat auf die Kritik geantwortet. Mein Eindruck ist, dass er zweifelt, das Richtige getan zu haben. Andere sollten auch zweifeln. Wecker will jetzt genau beobachten, was passiert. Andere sollten das auch tun.  Es wäre gut, wenn unter diesem Auruf nur die Unterschriften derjenigen stehenbleiben würden, die auch sonst als Ihro Majestät Grosstdeutschland-"Linke" agieren.

 

Hier die Stellungnahme Weckers, die er auf facebook gestellt hat: 

 

Konstantin Wecker über den Syrien-Aufruf »Freiheit braucht Beistand« | Drucken | E-Mail

 

Syrien
Geschrieben von: Konstantin Wecker

 

Mittwoch, den 12. Dezember 2012 um 14:41 Uhr

 

Liebe Freunde,

manchmal lässt mich der Zustand der Welt ziemlich ratlos sein. Angesichts der grauenvollen Verhältnisse in Syrien habe ich einen Aufruf unterschrieben, den mein verehrter Freund Hans Peter Dürr mit unterschrieben hat, ebenso wie Elmar Altvater, den ich sehr schätze. Einen Aufruf von „medico international“ in dem mich Sätze wie diese durchaus überzeugt haben: »Die Lage in Syrien erscheint hoffnungslos. Kein Dialog ist in Sicht und niemand scheint das andauernde Töten stoppen zu können. Jede Waffenlieferung – ob aus Russland, den USA, dem Iran, Europa, der Türkei oder den Golfstaaten – wird die ohnehin bestehende humanitäre Katastrophe verschlimmern. Jede militärische Aufrüstung der Anrainerländer birgt die Gefahr einer Regionalisierung des Krieges. Jede andere Form der offenen militärischen Intervention wird die politischen Kräfte an den Rand drängen und die Opposition in Syrien weiter spalten.«

»Noch immer finden jeden Freitag hunderte von unbewaffneten Demonstrationen statt; weiterhin versuchen AktivistInnen dort, wo sich der Staat zurückgezogen hat, das öffentliche Leben aufrechtzuerhalten. Sie alle, vor allem die vielen aktivistischen Frauen, haben keine hier bekannten Namen und kein prominentes Gesicht. Doch sie sind die neue Generation Syriens, die nicht nur Nachbarschaftshilfe für unzählige Inlandsflüchtlinge leistet, sondern Tag für Tag den Boden für ein zukünftiges demokratisches, multi-ethnisches und multi-religiöses Land bereitet. Ihnen gilt unser solidarischer Beistand, unser Respekt und unsere praktische politische Unterstützung.«

Nun wurde mir von einigen Seiten - auf durchaus freundliche Weise gesagt - ich hätte damit »keineswegs die Zivilgesellschaft Syriens gestärkt, sondern diejenigen Interessen, die Lybien in eine Hölle auf Erden gebombt haben«.

Wer mich kennt, weiss, dass ich mich dem Pazifismus verschrieben habe und dass es mir gerade darum geht, die zivilen Kräfte zu stärken. Ich konnte diesem Text nicht entnehmen, dass er indirekt - wie mir jetzt geschrieben wurde - den Einsatz deutscher »Patriot«-Raketen befürworten würde. Das wäre entschieden gegen meinen Willen. Auch Flugverbotszonen , wie 2011 in Lybien stehen für mich nicht zur Debatte.

Dieser Aufruf darf nicht zum Einfallstor werden zu einer militärischen Option. Wir brauchen eine Logik des Friedens und nicht des Krieges.

Ich bin dafür, alles zu tun, um das Morden in Syrien zu beenden. Meine Vorstellung von »alles« schließt aber militärische Mittel eindeutig aus. Denn bei aller Ratlosigkeit, ist mir soviel klar: mit Waffen kann man keinen Frieden schaffen. Und auch hier müssen wir uns dem Diktat der ewigen Alternativlosigkeit entziehen. Es kann nicht sein, dass wir bei jedem Konflikt in jedem Land immer nur die Frage zu beantworten haben: Militärintervention, ja oder nein? Aber man hat eben ein Wirtschaftssystem, das auf Konflikt abzielt (»Konkurrenzprinzip«) und eine globale Elite, die an Kriegen prächtig verdient.

Ich gebe zu, dass ich bei meiner Unterschrift nicht bedacht habe, dass genau dies nicht ausdrücklich mit erwähnt wurde, und deshalb wohl auch Personen unterschrieben haben, die militärische Interventionen durchaus als Mittel der Wahl sehen.
Deshalb werde ich die Entwicklung und die Folgen des Aufrufs genau beobachten und wenn nötig meine Unterschrift zurückziehen.

 

Veröffentlicht von Konstantin Wecker auf seiner Facebook-Seite

Veröffentlicht in Naher-Mittlerer Osten

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren:
Kommentiere diesen Post