China: Weg vom Billiglohnland
Die Entwicklungsphase, in der die VR China auf der Basis niedrigster Loehne zur "Werkbank der Welt" wurde, ist zwar noch nicht durchlaufen, aber ihr Ende kommt allmaehlich in Sicht. Die erfolgreichen Streiks bei Honda, mit denen erhebliche Lohnerhoehungen durchgesetzt wurden, zeigen die Richtung.
Die chinesische Arbeiterklasse waechst rasch und differenziert sich aus. Die Hunderte Millionen ungelernter und angelernter Wanderarbeiter wird es noch eine Weile geben, aber die Qualifikationen nehmen rasch zu. Immer mehr technisches, kaufmaennisches und Verwaltungs-Fachpersonal stroemt auf den Arbeitsmarkt und wird dort auch gebraucht.
Die Streiks bei Hinda sind in den chinesischen Medien, soweit man das von Europa aus mitbekommen kann, "wohlwollend begleitet" worden. Auf oertlicher und regionaler Ebene uebt der Staatsapparat Druck auf die Unternehmen aus, die Arbeitskraefte besserzustellen. Die Gewerkschaften werden aktiver und versuchen verstaerkt, auch die Beschaeftigten in den Betrieben auslaendischer Investoren zu organisieren. Seit 2007 sind die 40-Stundenwoche, ein Mindestlohn und Ueberstundenregelungen gesetzlich festgeschrieben (wenn auch noch nicht ueberall praktisch durchgesetzt). 2008 wurden fuer 150 Millionen Arbeiter die Loehne um 19 % angehoben, 2009 noch einmal um 16 %.
Die Krise hat Tausende von Sweatshops schon vom Markt gefegt. Im Perlfluss-Delta werden allein 2010 noch einmal 2000 bis 3000 der insgesamt 50 000 Betriebe schliessen muessen, die billigste Massenwaren fertigen. Das Perlfluss-Delta und das Jangtse-Delta, die beiden groessten Industriezonen der Erde, sollen jetzt nach dem Vorbild Hongkongs umgesteuert werden - Produktion auf der Grundlage modernster Technik, Entwicklung des Handels und der Dienstleistungen.
Fuer die auslaendischen Konzerne bleibt China trotz steigender Arbeitskosten ein "attraktiver Standort". Sie maulen zwar schon ueber die steigenden Kosten, aber im Vergleich zu anderen armen Laender, gibt es eine gute Infrastruktur, ausreichend qualifiziertes Personal und das Land ist politisch stabil. Vor allem ist China ein riesiger und rasch wachsender Markt, der die Waren noch wie ein Schwamm aufsaugt, waehrend die Schwaemme Westeuropa, Nordamerika und Japan vor Uebersaettigung aus allen Poren tropfen.
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Faz, 11.Juni 2010
http://german.china.org.cn/fokus/2010-06/10/content_20229669.htm