Frauenfeindlicher Islam ?

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

Zu den hinterhältigsten "Argumenten" für die Besetzung Afghanistans gehört, dass dort die Frauen von der patriarchalischen Unterdrückung befreit werden müssten. Hinterhältig ist das zum einen deswegen, weil die imperialistischen Staaten vorher diejenigen afghanischen Reaktionäre unterstützt und militärisch ausgerüstet hatten, die gegen die ehemalige Revolutionsregierung kämpften. Unter deren Regime war die volle Gleichberechtigung der Frauen proklamiert und auch praktisch angegangen worden, die die afghanischen, vom Westen gesponserten "islamistischen" Dumpfköpfe nach ihren Sieg wieder rückgängig machten. Danach wurden eben diese "Islamisten", die man selbst bewaffnet hatte, zu Feinden erklärt und wurde Afghanistan besetzt, unter anderem eben mit dem "Argument" der Frauenbefreiung ... Zweitens ist das Argument hinterhältig, weil es eine generelle Frauenfeindlichkeit des Islam behauptet und damit jedes musimisch geprägte Land zu einem potentiellen Angriffsziel macht - der Frauenbefreiung wegen ...

 

Der Islam ist in Wirklichkeit so frauenfeindlich oder nicht frauenfeindlich wie die christliche Religion auch. Ausgerechnet die Christen haben keinen vernünftigen Grund, sich in Bezug auf die Emanzipation der Frauen in die Brust zu werfen. Noch heute verdienen Frauen in den höchstentwickelten westlichen Ländern im Durchschnitt um ein Viertel oder ein Drittel weniger als Männer. Und vor fünfzig Jahren noch konnte zum Beispiel in Deutschland eine verheiratete Frau nicht auf eigene Faust ein eigenes Konto eröffnen, weil das - dem selbstverständlich männlichen - Familienvorstand vorbehalten war. Mittlerweile hat sich einiges geändert - aber nach wie langer Zeit und wie harten Kämpfen ! Den selbst erst erreichten - oder noch nicht einmal erreichten - Stand zum Vorwand zu nehmen, um das Selbe in Ländern zu verlangen, die der wirtschaftlichen Entwicklung um fünfzig oder hundert Jahre hinterherhinken, ist westlicher Dünkel, der zu allem Überfluss auch noch als Kriegsdrohung und als Thma der Verhetzung der westlichen Bürger gegen den Islam verwandt wird.

 

Iran zum Beispiel. Da sind die Frauen unterdrückt, nicht wahr? Sie müssen sich sogar an Bekleidungsvorschriften halten. Schon. Der religiös verkleidete Patriarchalismus ist dort noch stark. Aber gleichzeitig befindet sich das Land - wie viele andere "muslimische" Länder auch - in einem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungsprozess, der das Patriarchentum allmählich zum Anachronismus macht. Das hat bereits höchst praktische Konsequenzen. Im Iran ist zum Beispiel der Anteil der Frauen unter der Studierenden höher als in Deutschland - 65 %, womit er zu den höchsten weltweit gehört. Die Modernisierung ist im Gang und sie wird den Islam genau so verändern, wie sich das Christentum ändern und neuen Verhältnissen ideologisch anpassen musste. Im Iran findet dieser Prozess unter der Herrschaft des "Mullah-Regimes" statt, wo wie er in Europa unter dem einstmals ideologisch dominierenden Einfluss der christlichen Kirchen stattgefunden hat. Die Realität ist auf die Dauer stets stärker als Ideologien. Letztere müssen sich anpassen oder untergehen. Das ist im Iran oder sonst einem "muslimischen" Land nicht anders als es das in Europa oder Nordamerika war und bedarf weder ausländischer Einmischung noch macht es eine solche legitim.

 

Kürzlich hat es in der Westpresse Schlagzeilen gemacht, dass iranische Studenten von Studiengängen ausgeschlossen worden sind. - Ein neuer Beweis für die "Frauenfeindlichkeit des Islam" ? - Die Wirlichkeit ist ein wenig diffenzierter als die imperialistische Hetzpropaganda:

 

http://irananders.de/home/news/article/iranische-frauen-an-universitaeten.html

Veröffentlicht in Kultur und Gesellschaft

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