Portugal vor dem 19. Parteitag der KP

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

Die Kommunistische Partei Portugals steht vor ihrem XIX. Parteitag. Er wird am 30. November/1./2. Dezember 2012 in Almada stattfinden. Auf seiner Tagung vom 22./23. September hat das ZK der PCP über die weiteren Vorbereitungen beraten und den Entwurf einer Hauptresolution verabschiedet, der zur Zeit von der Partei diskutiert wird.

Im Folgenden die Übersetzung des Statements, das das ZK der PCP nach seiner Tagung herausgegeben hat.

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Das Zentralkomitee hat auf seiner Tagung vom 22./23. September 2012 die Vorbereitung des XIX. Parteitags der PCP fortgesetzt, die Entwicklung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lage im Land analysiert und die Hauptaufgaben der Partei definiert, die auf die Verstärkung ihrer politischen Initiative und die Stärkung ihrer Organisation abzielen.

Hinsichtlich des XIX. Parteitags hat das Zentralkomitee den Entwurf zu den Ergänzungen des Parteiprogramms und den Entwurf der Thesen/Politischen Resolution angenommen - Dokumente, die in der Ausgabe von Avante, dem Zentralorgan der PCP, vom 27. September veröffentlicht werden und damit die dritte Phase der Vorbereitung des Parteitags eröffnen. (1)

- Ein Parteitag, der - entsprechend der Einschätzung, die er über die internationale Lage, die Bewertung der der für die Menschheit zerstörerischen Konsequenzen des Kapitalismus, des Kreuzzuges der Ausbeutung und sozialen und zivilisatorischen Rückschritts, der über die Welt und, als Prozess der kapitalistischen Integration auch die EU hinweggeht - den Sozialismus als unerlässliche Alternative bekräftigt, mit der die Arbeiter und die Völker sich eine von Ausbeutung freie Gesellschaft sichern können.

 

- Ein Parteitag, mit dem ... die Arbeiter und das Volk eine Antwort finden nicht nur, was sie betrifft, sondern der vor allem eine glaubwürdige Bestätigung dafür sein wird, dass es einen anderen Kurs und eine andere Politik gibt. Ein Parteitag, der einen Weg zeigt, auf dem sich die Hoffnung von Millionen Portugiesen auf ein besseres Leben erfüllen können und der, gemäss dem Parteiprogramm, das jetzt aktualisiert wird, eine "Fortgeschrittene Demokratie - die Werte des April für die Zukunft Poertugals" als einen integralen und konstitutiven Teil des Kampfes um den Sozialismus als eine realisierbare Möglichkeit einschliesst.

Das ist ein Weg, der dringend realisiert werden muss angesichts dessen, dass wir das Land einer unerträglichen Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Lage gegenüberstehen sehen, mit einer anwachsend beunruhigenden und langdauernden wirtschaftlichen Rezession, Arbeitslosigkeit, einer schnell fortschreitenden Verarmung der Bevölkerung und einer brutalen Verschärfung der Ausbeutung der Arbeitskraft, die Portugal rasch ins Desaster führen.

Wie im Entwurf der Thesen festgestellt wird, "ist die nationale Krise unzweifelhaft im wesentlichen Ausdruck der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsverhältnisse, die dem Land als dominant aufgezwungen werden und die nicht von der Vorgehensweise der aufeinanderfolgenden Regierungen von PS, PSD und CDS gentrennt werden können". Einer Krise, die die Hauptverantwortlichen der rechtsgerichteten Politik mit der Durchsetzung des Aggressionspakts heraufbeschwören, um eine besispiellose Verschärfung ihrer Offensive gegen die Arbeiter- und Volksrechte durchzusetzen, mit der sie die Zukunft des Landes gefährden und es den Interessen des nationalen und ausländischen Big Business unterwerfen.

Während die zerstörerischen Effekte ihrer Politik nicht nur keines der hauptsächlichen Probleme des Landes gelöst, sondern diese verschärft haben, einschliesslich derer, die sie zu lösn beanspruchten - die Schulden und das öffentliche `Defizit -, kündigt die PSD/CDS-PP-Regierung (2) - unter klarer Missachtung der bereits schmerzlichen Lebensbedingungen der Portugiesen - neue Massnahmen an, die eine brutale Ausweitung des Angriffs auf die Arbeitseinkommen und Arbeiterrechte sind.

Massnahmen, die neue und noch substantiellere Kürzungen bei den Löhnen und Pensionen der Beschäftigten des öffentlichen und privaten Sektors bedeuten und die Steuerlast für die Arbeitenden erhöhen; weitere Entlassungen und weitere Angriffe auf die Rechte der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes; neue Kürzungen beim Arbeitslosengeld, bei Sozialeinkommen und Renten über 1 500 Euro und noch mehr drastische Kürzungenim Gesundheits- und Erziehungswesen.

Massnahmen,die in den nächsten Regierungshaushalt eingestellt werden sollen und die, wenn sie verwirklicht werden, das verfügbare Einkommen der Familien drastisch reduzieren, den heimischen Markt verengen, Tausende Firmen in den Bankrott treiben und Arbeitslosigkeit und Not anwachsen lassen werden.

Massnahmen, die unter dem verschleiernden Titel einer gleichmässigen Verteilung der Opfer zwischen Arbeit und Kapital angekündigt werden, aber auf eine weitere abscheulich zynische Farce hinauslaufen, bei der lediglich symbolische Steuererhöhungen auf Kapitaleinkommen mit einer brutalen Ausplünderung der Volksschichten kontrastieren. ...

Im Zusammenhang mit den wachsenden Widersprüchen, die innerhalb der Regierung zutage treten und die untrennbar verbunden sind mit der starken Erosion ihrer sozialen Unterstützungsbasis - weswegen besonders die CDS zynische Distanzierungsmanöver unternimmt und die PS ihre Verantwortlichkeit für die entstandene Lage zu verschleiern sucht - bekräftigt die PCP, dass es nicht genügt, das eine oder andere Mittel des Aggressionspakts zurückzuweisen, dass es nicht genügt, den einen oder anderen Minister auszuwechseln und die Manöver der vorangegangenen Regierungen zur Rettung ihrer rechtsgerichteten Politik zu wiederholen.

Was das Land braucht, ist die dringende Zurückweisung des Aggressionspakts, der Bruch mit der rechtsgerichteten Politik, ein tiefgreifender Wandel im nationalen Leben, mit dem unter einer neuen Regierung den Erwartungen der Arbeiter und des portugiesischen Volkes von einer patriotischen und linksgerichteten Politik Rechnung getragen wird.

Wie die Wirklichkeit im Zuge der Implementierung des Aggressionspakts zeigt, wird klarer, dass die Regierung für die Befriedigung der Interessen des Big Business das Land unter Feuer und Schwert setzt.

Die Breite und Gewaltsamkeit der gegenwärtigen Offensive hat eine kämpferische und machtvolle Antwort durch die Arbeiter und die Volksmassen gefunden. Eine Antwort des Kampfes gegen die Ausnutzung der Änderung des Arbeitsrechts durch die Unternehmer, die in den vergangenen zwei Monaten in Hunderten Betrieben sehr stark gewesen ist und ihren signifikanten Ausdruck in der landesweiten Mobilisierung für den 15. September gefunden hat. (3)

Es muss hervorgehoben werden, dass diese neue Phase der Offensive nach einer neuen und stärkeren Dynamik des Widerstands und des Kampfes verlangt, für die unabdingbar ist, dass die sich ausbreitende Emörung und Revolte in organisierten und konsequenten Kampf übergeführt werden müssen.

Daher ruft die PCP zur Entwicklung des Kampfes in seinen verschiedenen Formen auf ...

Aktionen, die Teil eines umfassenden Prozesses sind, und die fortgesetzt werden und so weit gehen, wie es für einen Sieg über diese Politik und die Eröffnung eines neuen Weges für Portugal notwendig ist.

Die PCP richtet ihre Aufmerksamkeit auf die Fortsetzung und Intensivierung der Politik der Unterordnung der nationalen Interessen unter den Prozess der kapitalistischen Integration der Europäischen Union.

Das Insistieren auf die sogenannte Austeritätspolitik, die Verstärkung der supranationalen Entscheidungsmechanismen, das festhalten an einer (gemeinsamen) Währung, die auf die Interessen des Big Business zugeschnitten ist, vor allem des deutschen, das Aufzwingen inakzeptabler Höchstgrenzen für Defizite und Schulden, vertieft das allgemeine Rahmenwerk der Stagnation und der wirtschaftlichen Rezession und geht mit einem massiven Anwachsen der Arbeitslosigkeit einher.

Dazu bekräftigt und verstärkt das Parteiprogramm, das jetzt aktualisiert wird und zur Diskussion steht - unter Berücksichtigung der wachsenden Einschränkungen und Grenzen der nationalen Unabhängigkeit und der Grenzen, die einer souveränen Entwicklung gesetzt werden - die Idee, dass das "portugiesische Volk das volle Recht hat und immerhaben sollte, über sein eigenes Schicksal zu entscheiden und den Wegen zu folgen, die es für in grösserer Übereinstimmung mit seiner historischen Identität und seinen Interessen und Bestrebungen stehend hält".

In der Lage, in die wir gekommen sind, liegt die Lösung nicht in der Wiederholung des abgenutzten Disputs über eine sogenannte "politische Stabilität", noch in Appellen an die "Einigkeit" und einer Fortsetzung des Programms der ausländischen Einmischung ..., sondern darin, die Forderung nach einem Bruch mit der Politik zu bekräftigen, die im Namen der Stabilität die gewaltsamste soziale und wirtschaftliche Instabilität seit der Zeit des Faschismus betreibt.

Einen Bruch, der nicht die Neuformulierung des Aggressionspakts (4) bedeutet, sondern die unmissverständliche und generelle Zurückweisung des gegenwärtigen Programms der wirtschaftlichen und sozialen Zerstörung einschliesst.

Einen Bruch, der eine alternative Politik anstrebt und mit den Jahrzehnten der rechtsgerichteten Politik der aufeinander folgenden Regierungen Schluss macht.

Das Land braucht eine patriotische und linksgerichtete Politk, die vordringlich die öffentlichen Schuldenneu verhandelt; entschieden auf die nationale Produktion setzt, die Lebensbedingungen der Portugiesen verbessert durch Erhöhung der Löhne, Pensionen und Altersrenten; die wirkliche Steuergerechtigkeit sichert; die die Kontrolle der strategischen Sektoren der Wirtschaft wiedergewinnt, vor allem mittels der Nationalisierung der Banken und deren Einsatz im Dienst von Entwicklung und Fortschritt; die die Ausbeutung bekämpft und die Rechte der Arbeiter verteidigt und öffentliche Dienstleistungen garantiert, zu denen die ganze Bevölkerung Zugang hat.

In einem der kompliziertesten Momente in der jüngeren Geschichte unseres Landes, da sich unter den Arbeitern und dem Volk so viele Zweifel und Sorgen über die gemeinsame Zukunft des Landes auftun, bekraftigt die PCP mit vollem Vertrauen, dass es zu diesem Weg des Desasters eine Alternative gibt. Eine Alternative ist nicht nur mödlich, sondern auch durchführbar, nicht nur notwendif, sondern auch unausweichlich und dringend. Eine Alternative, die inder Hand eines jeden und aller liegt, die nicht vor denen resignieren, die ihnen eine Zukunft verweigern, auf die sie ein Recht haben, gebaut auf ihren Kampf und auch auf die Unterstützung der PCP.

Es ist Zeit, diesen Weg des Desasters zu beenden. Die Arbeiter und das Volk haben genug Kraft, um dieser Regierung und dieser Politik eine Niederlage zu bereiten . Ein Niederlage, die auch eine Niederlage des Aggressionspakts, eine Niederlage für die Parteien der Troika sein muss, die innerhalb des Landes die Troika unterstützen und ermutigen, eine Niederlage für die kosmetischen Manöver, die darauf abzielen, einen Wechsel zwischen den Parteien zu suchen, die das Land in diese Lage gebracht haben, und mit falschen Lösungen die Ausbeutung und Ungerechtigkeit fortzusetzen.

In diesem Moment, da wir unseren XIX. Parteitag vorbereiten, bekräftigen wir: Ihr könnt auf die PCP zählen, eine Partei,die unentbehrlich ist für die Lösung der nationalen Probleme und die bereit und fähig ist, alle Möglichkeiten zu genügen, die ihr das Volk geben will.

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Anmerkungen:

(1)

Der Entwurf der Hauptresolution des Parteitags kann in englischer Sprache hier nachgelesen werden: http://www.pcp.pt/en/theses-draft-political-resolution-19th-congress-pcp

(2)

PS - Sozialistische Partei, vergelichbar der SPD

PSD - Sozialdemokratische Partei; ein irreführender Namen; es handelt sich um eine bürgerliche Rechtspartei, die auch historisch nichts mit der Arbeiterbewegung zu tun hat

CDS - PP - Christlich Soziales Zentrum - Volkspartei; rechtsstehend

(3)

Inzwischen ist ein neuer machtvoller Generalstreik am 14. November durchgeführt worden, zeitgleich mit Streiks in anderen EU-Staaten

(4)

im deutschen Sprachgebrauch: "Stabilitätspakt"

 

Übersetzung der englischen Version: Sepp Aigner

Originaltext: http://www.pcp.pt/comunicado-do-comit%C3%A9-central-do-pcp-de-22-e-23-de-setembro-de-2012

Die Übersetzung ist nicht "ausgefeilt", aber zuverlässig. Sie ist von der PCP nicht autorisiert. Der Text ist an einigen Stellen geringfügig gekürzt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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