Regionalwahlen in Katalonien: Die Katalanen sind noch schlauer als Herr Artur Mas
Herr Artur Mas, Chef der katalonischen Partei CiU, die in etwa der CSU vergleichbar ist, ist ein Schlaumeier - dachte er. Als katalonischer Regierungschef hat er die "kleinen Leute" mit allerlei Einsparungen beim nicht sachzwanggemässen Sozialklimbim beglückt, den Banken und der Immobilienmafia die Stange gehalten und das Hohe Lied der freien Marktwirtschaft in allen Stimmlagen gesungen. Dann schwante ihm, dass die nächsten Wahlen so nicht zu gewinnen sind. Schlau, wie er nun einmal ist, dachte er sich einen Trick aus: Ich schiebe alles auf die Zenralregierung, und wenn die untere Hälfte der stolzen katalonischen Nation schon, der Sachzwänge wegen, in Armut versinken muss, muss man sie wenigstens mit nationalen Hochgefühlen in bessere Stimmung bringen. Wenn die Pfaffen das Himmelreich versprechen können, damit das irdische Elend williger hingenommen wird - warum sollte da nicht auch das Freie Unabhängige Katalonien, das dereinst werden wird, nicht den selben Zweck erfüllen können ?!
Gedacht, getan: Referendum über die Unabhänggkeit angekündigt und vorzeitige Neuwahlen vom Zaun gebrochen. Da das katalonische Himmelreich, ganz wie sein katholisches Pendant, noch eine Weile auf sich warten lassen wird, wenn es sich nicht überhaupt als jenseits allen eitlen irdischen Strebens erweist, sollten sich derweil die katalonischen Bürger der katalonischen Kirche, nämlich der CiU, anschliessen und Herrn Artur Mas eine absolute Mehrheit geben. Das wäre für die Sachzwänge schön gewesen, aber die Katalonier, die nämlich noch viel schlauer sind als Herr Mas, der bloss ein Schlaumeier ist, haben nicht gewollt. Das Resultat der heutigen Wahlen (noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt, aber es wird sich nichts wesentliches mehr ändern):
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2012 2010
CiU 50 62 Sitze
Sozen 20 28
ERC (1) 21 10
PP (2) 19 18
ICV-EUiA (3) 13 10
C´s (4) 9 3
CUP (5) 3 ---
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(1) kleinbürgerlich-linke katalonische Nationalisten
(2) postfranquistische Partei, Regierungspartei in Madrid, vergleichbar der CDU
(3) Linke und Grüne, daran beteiligt auch die beiden kommunistischen Parteien PCC und PSUCviu
(4) Rechtspartei
(5) Eine neue Linkspartei, regional-nationalistisch
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Für die absolute Mehrheit hätte Herr Mas 68 Sitze benötigt. Die Schlaumeierei ist also nicht aufgegangen. Das ist auch über Katalonien hinaus interessant. Das Wahlergebnis zeigt, dass die Leute nicht beliebig manipulierbar sind und nicht unbedingt auf jede politische Kampagne hereinfallen. Stattdessen haben sich, bei der höchsten Wahlbeteiligung seit 30 Jahren (aber trotzdem nicht mehr als um die 68 %), die Gewichte eher nach links verschoben. ERC, ICV-EUiA und CUP haben zusammen 16 Sitze mehr als die Linke bei den vorangegangenen Wahlen erreichte. Der Verlust von 12 Sitzen der CiU und von 7 Sitzen der Sozialdemokraten konnte von den Gewinnen der Rechtsparteien PP und C´s nicht ausgeglichen werden. Der katalonische Nationalismus ist zwar allseits beliebt - ausser PP und C´s frönen ihm alle anderen Parteien in moderaterer oder radikalerer Form -, aber Artur Mas hat gerade erfahren müssen, dass es ihn nicht pur gibt. Die übrigen regional-nationalistischen Parteien - ERC, ICV-EUiA und CUP - verbinden ihn mit der sozialen Frage, und sie sind es, die zulegen konnten.
Die Wahlresultate im Einzelnen können hier nachgelesen werden:
http://resultados.elpais.com/elecciones/2012/autonomicas/09/