Aus der Geschichte lernen: Den Rasen betreten trotz des Verbotsschilds

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

 

 

Wolf Wetzel zitiert eine Rede aus dem Jahr 1967. Die Rede beweist, dass die Zeit nicht linear verlaeuft. Manchmal ist frueher spaeter und spaeter frueher. Das hat den Vorteil, dass 2010 z.B. 1967 werden kann. Wir muessen es bloss so machen - und dann wieder linear weiter zu 1968 ...

 

 

Reden wir nicht um den heißen Brei herum: Genau darum geht es Jetzt!

 

Es geht darum, den Rasen zu betreten, auch wenn das Schild „Rasen betreten“ daran hindern soll:

„Wir haben Fehler gemacht, wir legen ein volles Geständnis ab: Wir sind nachgiebig gewesen, wir sind anpassungsfähig gewesen, wir sind nicht radikal gewesen… Wir sind sachlich gewesen, wir sind gehorsam gewesen, wir sind wirklich unerträglich gewesen… Wir haben uns da offenbar nicht klar ausgedrückt, wir wollen uns jetzt klar ausdrücken. Es geht tatsächlich um die Abschaffung von Ruhe und Ordnung, es geht um undemokratisches Verhalten, es geht darum, endlich nicht mehr sachlich zu sein. Wir haben in aller Sachlichkeit über den Krieg in Vietnam informiert, obwohl wir erlebt haben, daß wir die unvorstellbarsten Einzelheiten über die amerikanische Politik in Vietnam zitieren können, ohne daß die Phantasie unserer Nachbarn in Gang gekommen wäre, aber daß wir nur einen Rasen betreten zu brauchen, dessen Betreten verboten ist, um ehrliches, allgemeines und nachhaltiges Grauen zu erregen…

Da sind wir auf den Gedanken gekommen, daß wir erst den Rasen zerstören müssen, bevor wir die Lügen über Vietnam zerstören können, daß wir erst die Marschrichtung ändern müssen, bevor wir etwas an den Notstandsgesetzen ändern können, daß wir erst die Hausordnung brechen müssen, bevor wir die Universitätsordnung brechen können. Da haben wir den Einfall gehabt, daß das Betretungsverbot des Rasens, das Änderungsverbot der Marschrichtung, das Veranstaltungsverbot der Baupolizei genau die Verbote sind, mit denen die Herrschenden dafür sorgen, daß die Empörung über die Verbrechen in Vietnam, über die Notstandspsychose, über die vergreiste Universitätsverfassung schön ruhig und wirkungslos bleibt.

Wir haben Fehler gemacht (Rede von Peter Schneider vor der Vollversammlung aller Fakultäten der Freien Universität Berlin am 5. Mai 1967)

Wolf  Wetzel

  

http://wolfwetzel.wordpress.com/2010/08/26/26-8-2010-stuttgart-21-worum-gehts-jetzt/

 

 

 

Veröffentlicht in Kultur und Gesellschaft

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