Beispiel Razzia gegen "Salafiten": Übergänge vom Recht zur Willkür
„Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich nicht protestiert; ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“
Dietrich Bonhöffer
Die Kommunisten werden noch nicht geholt, die Sozialdemokraten noch nicht einegsperrt, christliche Priester auch nicht. Aber Mappus kann schon einen terroristischen Polizeieinsatz gegen friedliche Demonstranten fahren lassen und bleibt im Amt. Nicht einmal ein Bauernopfer ist nötig, kein Polizeioffizier wird gemassregelt oder seines Postens enthoben. Verfassungs"schutz" und andere Spitzeldienste können systematisch die Organisationen von Linken und aufmüpfigen Demokraten mit Agenten und Provokateuren durchsetzen. Die staatliche Behandlung von Asylsuchenden ist nicht mehr weit weg von Straflager-Zuständen.
- Der Staat operiert in einigen Bereichen an seiner eigenen Rechtsstaatsgrenze, überschreitet sie da und dort, geht zu Rechtsbeugung und Willkür über. Jeder solche Akt, der für die Handelnden folgenlos bleibt oder sogar noch ihre Karriere befördert, ist eine Krebszelle der bürgerlichen Demokratie.
Der Krebs heisst Faschismus. Er steht nicht morgen bevor. Er kam in der Weimarer Republik auch nicht von heute auf morgen. Die Übergänge waren auch damals oft "Kleinigkeiten", "vereinzelte Übergriffe", Lavieren am Rand des Gesetzes - das, was heute "wehrhafte Demokratie"genannt wird.
Das ist der Codename: Wehrhafte Demokratie. Das ist die Übergangszone zur offenen Diktatur, ihr Vorfeld, die Herstellung von Verhältnissen, die den Wechsel der Methoden der Machtausübung ermöglicht, wenn eine solche Entscheidung einmal opportun erscheint. Dabei kommt es durchaus, wie im Fall der Sozialdemokratie, vor, dass die künftigen Opfer sich heute selber zu Tätern machen.
Das ist, was im Gang ist, und nicht nur in Deutschland. Das bedeutet nicht, dass das ein vorgezeichneter Weg ist, nicht einmal, dass Leute an den Schaltstellen der Macht sich schon entscheiden haben, einen solchen Weg zugehen. Es handelt sich darum, für eine mögliche solche Option die Voraussetzungen ihrer Realisierung im "Bedarfsfall" herzustellen.
Im Namen dieser "wehrhaften Demokratie"gab es vor drei Tagen, am 14. Dezember 2010 eine Polizeiaktion, die von den Medien entweder gar nicht zur Kenntnis genommen oder als normales Vorgehen gegen "Extremisten" behandelt wurde, als relativ unwichtiges Einzelereignis. Auch die kritische Bloggerszene nahm wenig Notiz.
Es ging gegen einen Verein, der zu einer randständigen Strömung des politsierenden Islam gehört. Yavuz Özoguz hat das auf der Seite muslim-markt in den richtigen Zusammenhang gestellt und die Bedeutung der Aktion in Sachen Übergang von der bürgerlichen Demokratie zu willkürlichen Herrschaftsmethoden herausgearbeitet.
Wieder wird der staatliche Übergriff keine Rechtsfolgen für die staatlichen Rechtsbeuger und ihre politischen Befehlsgeber haben. So, mit tausend solcher "kleinen" Übergriffe, wird die Grauzone zur Normalität. "Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte", schrieb Bonhöffer. Noch können wir protestieren. Aber es muss getan werden. Und es darf nicht dabei bleiben. Die überheblichen Sesselfurzer im Staatsapparat, die bürokratiegepanzerten Blockwarte, die zynischen Scharfmacher wie Mappus in den Regierungen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn willkürliche Machtausübung nicht zum Karrierehindernis wird, wirft der Krebs Metastasen, und die bürgerliche Demokratuie wird am Faschismuskrebs sterben.
Hier der Text von Yavuz Özoguz:
http://www.muslim-markt.de/forum/messages/2386.htm