Die Weltwirtschaft wird von 147 Firmen beherrscht

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

 

ETH Zürich: Weltwirtschaft wird von 147 Firmen beherrscht

In einer Studie zur Struktur des Kontrollnetzwerks von transnationalen Konzernen hat eine Forschungsgruppe der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich das Ergebnis zu Tage gefördert, dass die kapitalistische Weltwirtschaft heute praktisch von einer Kerngruppe von 147 Firmen kontrolliert wird, bei denen es sich fast ausschliesslich um amerikanische und britische Banken und Firmen der Finanzbranche handelt.

 

Die Studie «The Network of Global Corporate Control»1 fusst auf der Auswertung der sich teilweise gegenseitig durchdringenden Besitzverhältnisse unter 43’000 transnationalen Konzernen. Es gibt keine vergleichbar breit angelegte Studie zum Thema. Aus den Rohdaten über die Besitzverhältnisse werden die massgeblichen Variablen gewonnen (direct ohnership, indirect ownership), aus denen mithilfe von mathematischen Modellen auf der Grundlage der Graphentheorie / Topologie die Schlussfolgerungen für die Verteilung von Einfluss und die Kontrolle im Netzwerk gezogen werden können.

Die gegenseitigen Abhängigkeiten unter den Konzernen lassen sich in mathematischen Formen (Matrizen usw.) darstellen und graphisch veranschaulichen.

 

Im Bild oben zeigen die Forscher links den Knäuel von Abhängigkeiten der Grosskonzerne. Rechts ist nur der Finanzsektor dargestellt. Zur obersten Kontroll-Liga gehören die Schweizer Grossbanken UBS und Crédit Suisse, ebenso die Deutsche Bank und die Commerzbank.

Too connected to fail

Wie die Forscher hervorheben, sind die grössten 147 Player (die mehr als 40% aller erfassten Unternehmen kontrollieren) gegenseitig so vernetzt, dass jede in Mitleidenschaft geraten kann, wenn die andere bankrott geht: «Das gefährdet die Stabilität des Systems. Genauso wichtig wie ‘too big to fail’ ist folglich ‘too connected to fail’», erläuterte der ETH-Physiker Battiston in einem Interview mit dem Tagesanzeiger (29.10.).

Bestätigung der Imperialismustheorie

Für Kommunisten sind die Ergebnisse der Studie keine Überraschung. Lenin erkannte bereits anhand des Konzentrations- und Zentralisationgrads, den das Kapital vor einem Jahrhundert erreicht hatte, dass die Monopole die Herrschaft über Wirtschaft, Staat und Gesellschaft übernehmen. Er beschreibt die Herausbildung des Finanzkapitals und beweist dessen beherrschenden Einfluss. Und er nennt dessen Mittel.

Der Besitz von Aktien einer Firma ist längst nicht das einzige Mittel des Einflusses. Die Durchsetzung der Herrschaft des imperialistischen Kapitals über das übrige Kapital nimmt alle möglichen juristischen Formen an: vom Aktiengesellschaftsrecht bis zum internationalen Recht, das den Kapitalexport schützt. Von Verträgen über die Teilung des Weltmarkts unter den Monopolisten bis zu den einseitigen Verträgen (Kredite, Kaufverträge, Beratungsverträge (Revision der Buchführung, Consulting usw.), welche dem abhängigeren, schwächeren, juristisch und ökonomisch verletzbareren Partner, zum Beispiel einem Lizenz- oder Kreditnehmer, aufgenötigt werden. Nicht zu sprechen von allen Mitteln des “ausserökonomischen Zwangs”, von denen der Imperialismus reichlich Gebrauch macht, bis hin zum Krieg. Der wirkliche Grad der Kontrolle der Kleineren durch die Grösseren muss damit noch um Einiges höher eingeschätzt werden, als dies in der Studie zum Ausdruck kommt, die nur einen von verschiedenen Fäden im Geflecht der Herrschaft einbezieht.

Was Lenin in seiner Schrift “Der Imperialismus, das letzte Stadium des Kapitalismus” in ganzer Breite und Tiefe gezeigt und präzis formuliert hat, wurde in einem wichtigen Teilbereich mit neuen Methoden und weltweit erstmals mit riesigen Datenmengen untersucht – und vollauf bestätigt, soweit die Partialanalyse der ETH-Forscher reicht.

(30.10.2011/mh)

_______

1 die Studie ist im PDF-Format online zugänglich auf der Website arxiv.org: The network of global corporate control, by Stefania Vitali, James B. Glattfelder, Stefano Battiston (19.09.2011)


Siehe auch:

 


Externe Links zum Thema:

Quelle: http://www.kommunisten.ch/index.php?article_id=1063

Veröffentlicht in Westliche Werte Boerse

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren:
Kommentiere diesen Post
T
<br /> <br /> Hallo Sepp,<br /> <br /> <br /> als ich von Marx "geschichtsphilosophischen Schwachheiten" schrieb, meinte ich eben geschichtsphilosophische, naja, Schwachheiten, nicht die "Kritik der politischen Ökonomie", in der sie bis auf<br /> gelegentliche kommentierende Sätze fehlen und implizit kritisiert sind. Auch "Engels Ontologisierungen" nannte ich "Geschichtsapologetik", und das ist etwas ganz anderes, als epigonischer<br /> Manichäismus, den Lenin taktisch gepflegt und bedient hat. Der ist im Wesentlichen Produkt der Sozialdemokratie gewesen, auch wenn der bolschewistische "Marxismus/Leninismus" ihn<br /> zur "Kampfdoktrin" für die "Massen" und vor allem die Massenbündnisse mit politischen Vertretern der bürgerlichen Stände ausgestaltete. Den Manichäismus habe ich in meinem Kommentar explizit und<br /> ausschließlich der Studie zugewiesen bzw. der Verwendung, die von ihr gemacht (werden)wird.<br /> <br /> <br /> Und darauf gehst Du nicht ein, vereinnahmst die Kritik stattdessen unter dem Titel "Beschränktheit" der Studie. Sie ist nicht beschränkt, sondern begriffslos, wie ich ausreichend skizziert zu<br /> haben glaube. Und daß eine begriffslose Verarbeitung phänomenologischer Rohdaten irgend eine theoretische Bearbeitung zu "bestätigen" vermöchte, gar noch "statistisch", das hast Du nicht von Marx<br /> Kritik der politischen Ökonomie, sondern aus den Suppenküchen der Wirtschafts- und Politik"wissenschaften" (als ob es sowas geben könnte) übernommen.<br /> Hinzu kommt, die topologische Interpretation und Bearbeitung der Daten hat mit Statistik rein gar nichts zu tun, auch wenn in den Formeln hier und da statistische Extrapolationen<br /> verwandt worden sein dürften. Deshalb kann und muß ich sagen, Du verstehst die Studie nicht, nimmst sie vielmehr bestimmungsgemäß zum Bild für einen Zustand, der<br /> als Ur-Sache eines anderen Zustandes hingestellt wird - und präzise das ist der Übergang zum Aberglauben, das ist dessen Methode.<br /> <br /> <br /> Die Streitpunkte liegen also woanders, als dort, wo Du sie vermutest oder hinzeichnest.<br /> <br /> <br /> Ein Wort noch, warum mir das wichtig ist. Die sog. "Imperialismustheorie Lenins" (es ist keine, es handelte sich allenfalls um einen essayistischen Auftakt, und das sah Lenin genau so,<br /> andernfalls hätte er seiner Schrift einen anderen Titel gegeben) hat gerade Hochkonjunktur, weil mit Berufung auf sie die merkwürdigsten Leute die "Occupy"-Proteste zu verein- und beschlagnahmen<br /> versuchen. Denn ihr Slogen, "We are the 99%" ähnelt halt sehr dem indizierenden Gebrauch, den Lenin in zahlreichen Schriften, darunter eben auch "Imperialismus<br /> als ...", von den Besitzverhältnissen zu machen pflegte.<br /> <br /> <br /> (Anmerkung) Indizierender Gebrauch - knapp gesagt ist das die volksmythologische Strategie, ein An-Zeichen zum Maß für das An-Gezeigte zu nehmen und damit vorbehaltlich eines<br /> besseren Wissens zunächst ALS einen GRUND (i.e. ein Resultat einer Erkenntnis) zu beHANDeln. Wo Rauch ist, ist Feuer, wo mehr Rauch, da mehr Feuer. Hat im Falle 9/11 auch wieder ganz prachtvoll<br /> gefunzt.<br /> <br /> <br /> Aber der Slogan ist etwas ganz anderes! Er vollzieht und fordert den Übergang von der kleinbürgerlichen Bescheidung mit dem Anteil am nationalen Gemeinwesen des Geldes, den einer hat, zur<br /> patriotischen Beschwerde über ihn. Das ist genau das, was in den alten faschistischen Bewegungen den sogenannten "Querfront"-Anteil ausmachte. Und die Studie und der Gebrauch,<br /> den die Schweizer davon machen, spielt einer Verklärung dieser "Querfront" in die Hände.<br /> <br /> <br /> Und weiter:<br /> Wenn die DKP traditionsgemäß offensiv die nationale, und damit grenzwertig auch faschistische "Karte" zu spielen ankündigt, ist das eine Sache. Das kommentiere ich nicht. Aber die<br /> Rechtfertigungsideologie dazu, die greif ich an.<br /> <br /> <br /> Und sei es aus Pietät gegenüber dem Genossen Lenin ;)<br /> <br /> <br /> Gruß<br /> Tom<br /> <br /> <br /> <br />
Antworten
T
<br /> <br /> Bitte um Nachsicht, bin ein bißchen krank, deshalb die Grammatik-Trümmer im Text, aber die Sach war mir aktuell wichtig.<br /> <br /> <br /> Wichtigste Korretur:<br /> <br /> <br /> ... schon die von Marx geschichtsphilosophischen Schwachheiten und Engels Ontologisierungen derselben übernommene Rede vom "Stadium des Kapitalismus" bemißt die Kritik des Kapitals an einer<br /> Apologetik, welche "die Geschichte" als eine mehr oder weniger gedeihliche Menschheits- oder Produktivkraftentwicklung vorstellen will ...<br /> <br /> <br />  <br /> <br /> <br /> <br />
Antworten
T
<br /> <br /> Mit Verlaub.<br /> <br /> <br /> Das manichäische Weltbild von den satanischen "Wenigen" als den bösen Geistern einer Herrschaft über die "Vielen", wird durch "Mathematisierung" nicht klüger, im Gegenteil, wie ich gleich genauer<br /> begründen werde.<br /> <br /> <br /> Doch zunächst wird vermutlich auf diesem Blog sofort der Einwand kommen, es handele sich ja nur um eine "Seite" der Kapitalismus- und Imperialismuskritik, welche die andere Seite, die Kritik der<br /> Ausbeutung der Arbeitskraft, enthalte.<br /> <br /> <br /> Nur leider enthält sie sie nicht, im Gegenteil, der vorgestellten "modernisierten" Form liegt die Kritik der Ausbeutung technisch völlig fern - deshalb kommt sie und kann von einer ETH Zürich<br /> kommen - und inhaltlich steht sie polemisch dagegen, anders, als in der lenin'schen Fassung.<br /> <br /> <br /> Denn Letztere hielt mit dem "Trick" des "Übergangs" zum Monopol und dem daraus gewonnenen Wolpertinger "monopolistisches Kapital" Verbindung mit der sachlichen<br /> Kritik der Ausbeutung, welche integral eine Kritik der Konkurrenz ist, weil sie die moralistische, frühsozialistische Kritik am Verstoß gegen so niedliche Trümmer wie<br /> "Menschlichkeit", "Gerechtigkeit", "Brüderlichkeit" in der ökonomischen Kritik des Privateigentums überwand.<br /> <br /> <br /> Allerdings hielt Lenins Imperialismuskritik diese Verbindung nur noch formell, denn schon in die von Marx geschichtsphilosophischen Schwachheiten und Engels Ontologisierungen derselben<br /> übernommene Rede vom "Stadium des Kapitalismus", bemißt die Kritik des Kapitals an einer gedeihlichen" Menschheits- oder Produktivkraftentwicklung vorgestellten<br /> Geschichtsapologetik und vernichtet sie darin. "Technisch" geschieht die Vernichtung vermittels Attributen wie "bösartig", "verrottet" etx. und ganz allgemein in der Formel vom<br /> "letzten Stadium des Kapitalismus", ganz so, als obläge seine praktische Kritik der herrschenden Klasse selbst! (zumindest hinsichtlich der Schaffungen von<br /> Voraussetzungen für sie)<br /> <br /> <br /> Nach der im strengen Sinn ökonomischen Seite bestand der "Trick" bei Lenin darin, das marx'sche Wissen über die Reproduktion des Kapitals und der Widersprüche<br /> und Gegensätze, welche sie birgt, mithilfe der substanzialistischen (theologischen!) Quatschformel vom "Umschlag von Quantität in Qualität" im Monopolbegriff "tendentiell aufzuheben" - halt zu<br /> vernichten.<br /> <br /> <br /> In der vorgestellten ETH - Studie bleiben solche Widersprüche und Gegensätze, ja, überhaupt JEDER Inhalt in der mathematischen Formalisierung außen vor, die in einen<br /> abergläubischen Fetisch von "Vernetzung" überführt wird. Der Aberglaube dieses Bildes steht dem mittelalterlichen satanistischen Hexenglauben, bzw. ein wenig "aufgeklärter" dem<br /> Geraune über weltenbeherrschende satanistischen Geheimgesellschaften - am besten gleich die Kirche selbst! - in nichts, gar nichts nach. Alle realen Vorgänge, die dem konkurrierenden<br /> Zusammenwirken der in der Studie genannten Gesellschaften und Körperschaften zugrundeliegen, einschließlich ihrer Gegensätze und Widersprüche, nämlich auf elementarer Ebene die<br /> Gegensätze zwischen Käufern und Verkäufern, von Schuldnern und Gläubigern, von Industrie- und Handelskapital, überhaupt der verschiedenen stofflich bestimmten Abteilungen im widersprüchlichen<br /> Prozess der Reproduktion der Kapitale ALS Reproduktion DES Kaptials und Privateigentums, als das ist darin vernichtet, und zwar vermittels des KREDITS, den das Finanzkapital und die Staaten<br /> beanspruchen. Und darin ist KREDIT kein Begriff der Kritik des Geldes mehr, sondern mehr oder minder verteufelter Fetisch.<br /> <br /> <br /> Anstelle einer natürlich erforderlichen näheren Begründung - ich kann ja hier nur Anknüpfungspunkte der Kritik liefern - will ich die rationelle Seite des Bildes benennen.<br /> <br /> <br /> Selbstverständlich ist dem, was die ETH-Studie erfasst, ein von der gegenwärtigen Weltordnung abweichender Bedarf nach Gewaltausübung und Gewaltverhältnissen zu entnehmen!<br /> Nämlich, schlecht zusammengefasst, der nach einer Weltregierung, einer Regierung, welche die bisherige Territorialität der dem Kapitalismus zugehörigen politischen Souveränität aufhebt und dem<br /> Ideal folgt, diese Souveränität könnte eine der korporativ verknüpften Kapitale selbst werden, statt die einer ihnen übergeordneten Macht.<br /> <br /> <br /> Das geht nicht. Aber das vom atomaren Vernichtungsmonopol der USA geführte IMPERIUM ist die "beste" Realisierung dieses Ideals, die erhältlich ist.<br /> <br /> <br /> <br />
Antworten
S
<br /> <br /> Die schwezer Kommunisten haben, nehme ich an, auf die Beschränktheit der Studie hingewiesen und darauf abgestellt, dass sie einen Datenpoo lenthält, der die Leninsche Imperialismustheorie<br /> statistisch für heute bestätigt.<br /> <br /> <br /> Deine Sicht auf Marx/Engels/Lenin teile ich nicht, wie Du Dir ja selber denken kannst. Ich sehe nicht, wo die ein Schema von Gut/Böse auf ihre Untersuchungen zur Naturgeschichte,menschlichen<br /> Geschichte, Entwicklung der Produktivkräfte usw. gelegt hätten. Und auch heute ist für Kommunisten die Kapiatlistenklasse nicht der Satan, sondern einfach der politisch-soziale Gegner, dessen<br /> Interessen antagonistisch gegen die der Arbeiterklasse stehen. Freilich darf man seinen Feind auch hassen. Das ist ja ein Gefühl, das im Kampf unvermeidlich entsteht. Jemand, der wirklich kämpfen<br /> will, tut auch gut daran, diesem Gefühl nicht das Kommando über den eigenen Kopf zu überlassen, sondern dies dem Verstand zuzuweisen; - gar nicht aus moralischen Gründen, sondern weil es sich in<br /> blinder Wut schlecht kämpft.  <br /> <br /> <br /> <br />