Winter in Griechenland

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

 

Wenn in den Mainstream-Medien von Griechenland die Rede ist, geht es immer um Sparen oder Pleite, Euro-Austritt, Haushaltsdefizite und dergleichen. Was das in der Übersetzung ins Alltagsleben für die griechischen Bürger bedeutet, spielt kaum eine Rolle. Die Verarmung ist dramatisch. Viele Menschen wissen nicht mehr aus noch ein. Es geht um Heizen und Essen, um das Dach überm Kopf. Bei Simablog steht diese Geschichte. Weihnachten ist vorbei, der Winter in Griechenland nicht.

Eine Weihnachtsgeschichte aus Griechenland

 

 

Ja, vor den Spielwarengeschäften herrschte in den letzten Tagen vor Heiligabend noch der übliche Wahnsinn. Kinder sind traditionell sehr wichtig in Griechenland, bei ihnen immer noch nicht gespart, zumindest nicht so viel wie an anderer Stelle. In vielen anderen griechischen Läden war dagegen vom üblichen Weihnachtswahn, der normalerweise dem deutschen in nichts nachsteht, nichts zu spüren. sofern sie nicht sowieso schon geschlossen sind. In den Supermärkten, in denen man sonst um diese Jahreszeit endlos Schlange stehen musste, herrschte gähnende Leere. Und die Luft in den Städten riecht nach verbrannten Holz.

Die Berge rund um Thessaloniki sind derzeit malerisch verschneit, es ist empfindlich kalt. So wie die Städte der ehemaligen DDR im Winter nach der zum Heizen verbrannten Braunkohle rochen, so hat sich in diesem Winter ein typischer Geruch in griechischen Städten eingestellt: Es riecht nach verbranntem Holz aus Kaminen und Kaminöfen. "Griechen machen Fußböden und Schränke zu Heizmaterial" texten die Mittelstandsnachrichten: Es stimmt.

Grund sind die dramatisch gestiegenen Preise für Heizöl. Der Preisschub wurde ausgelöst durch drastische Steuererhöhungen, die ausgerechnet die Bürger treffen, die drastische Lohnkürzungen hinnehmen musste, wenn sie denn überhaupt noch einen Job haben. Viele heizen nur noch einen Raum, um mit dem Geld irgendwie über den Winter zu kommen.

In den Supermärkten sind die Einkaufswägen zunehmend weniger gefüllt, gekauft wird nur das Nötigste. Das liegt nicht nur am ständig sinkenden Einkommen der Bürger, sondern auch an der Preispolitik: Ein Fläschen Süßstoff beispielsweise kostet in Griechenland viermal mehr als in Deutschland. Das Weihnachtsgeschäft brach um ein Drittel ein - was den Arbeitsmarkt sicher nicht weiter entspannen wird.

Auch die Sprachschule, in der wir Griechischunterricht nehmen, ist deutlich weniger los als in den Vorjahren. Auch wenn bei Kindern als letztes gespart wird, schaffen es viele Familien nicht mehr, ihre Kinder durch Zusatzunterricht besser zu qualifizieren als es die staatlichen Schulen schaffen.

Als wir am Tag vor Weihnachten die offenen Kosten für die letzten Wochen bezahlen gingen, kamen wir mit der jungen Inhaberin der Schule ins Gespräch. Sie war ziemlich grau um die Nase: "Die Schüler, die noch da sind, zahlen kaum noch. Wenn ich dem Geld hinterhertelefoniere muss ich mich fragen lassen, ob ich nicht wisse, dass Krise sei", klagte sie. Als wir ihr dann anboten, für die kommenden zwei Monate im voraus zu zahlen brach sie in Tränen aus: "Ich ernähre mittlerweile als einzige zehn Familienmitglieder, ich weiß nicht, wie das weitergehen soll".

 

Quelle: http://www.simablog.eu/2011/12/24/eine-weihnachtsgeschichte-aus-griechenland/

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