Brief ehemaliger Mitglieder der DKP-Führung an den 20. Parteitag
Brief von ehemaligen Mitgliedern der DKP-Führung: An die Delegierten des 20. Parteitags | | Drucken | |
Freitag, den 01. März 2013 |
![]() Herbert Mies (links) bei einer Gewerkschaftsdemonstration in den 80er Jahren
Wir dokumentieren nachstehend ein Schreiben von Herbert Mies, Gerd Deumlich, Willi Gerns, Georg Polikeit und Robert Steigerwald an die Delegierten des 20. Parteitages der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), der am morgigen Samstag im hessischen Mörfelden beginnt. Die Unterzeichner hatten in der Vergangenheit hochrangige Funktionen in der DKP inne. So war Herbert Mies von 1973 bis 1990 Vorsitzender der damals Zehntausende Mitglieder zählenden Partei, Georg Polikeit war in den 80er Jahren Chefredakteur des als Tageszeitung erscheinenden Parteiorgans »UZ - Unsere Zeit«.
Liebe Genossinnen und Genossen,
unser Parteitag findet in einer politischen Situation statt, die gekennzeichnet ist durch eine sich verschärfende weltweite Krise des kapitalistischen Systems, die alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens erfasst. Das Großkapital und seine politischen Repräsentanten in Parteien, Regierungen und internationalen Institutionen sind bestrebt, alle Lasten der Krise auf die Arbeiterklasse, die Arbeitslosen, die Rentnerinnen und Rentner abzuwälzen. In besonderem Maße davon betroffen ist die arbeitende Jugend. Die Erfahrungen der Geschichte der Arbeiterbewegung lehren: Unter diesen Bedingungen sind mehr denn je die kommunistische Partei, kommunistische Antworten, eine gemeinsame Stimme der Kommunistinnen und Kommunisten, ihr gemeinsames Handeln gefordert. Dies ist zugleich Voraussetzung dafür, um erfolgreich in Betrieben und Gewerkschaften, in den demokratischen Bewegungen für die gemeinsamen Anliegen zu wirken.
Grundlage für das gemeinsame Handeln der Mitglieder einer kommunistischen Partei war und ist seit dem Wirken von Marx und Engels und dem von ihnen verfassten „Manifest der Kommunistischen Partei“ das Programm der Partei und das dadurch begründete gemeinsame Parteiverständnis. Die DKP hat nach ihrer Konstituierung auf ihrem ersten Parteitag 1969 zunächst eine Grundsatzerklärung und dann 1978 ihr erstes Parteiprogramm beschlossen. Die Niederlage des Sozialismus in Europa - die einen tiefen Einschnitt in der Geschichte der revolutionären Arbeiterbewegung bedeutete – sowie qualitativ neue Entwicklungen im deutschen und internationalen Imperialismus machten die Erarbeitung eines neuen Parteiprogramms notwendig. Es wurde auf der 2. Tagung des 17. Parteitags der DKP 2006 beschlossen.
Das Programm der DKP ist ein revolutionäres Parteiprogramm:
Wir sind davon überzeugt, dass dieses Parteiprogramm ungeachtet der neuen Entwicklungen seit seiner Beschlussfassung 2006 nach wie vor die wesentlichen Anforderungen an das Programm einer kommunistischen Partei erfüllt. Aktuelle Entwicklungen können und müssen auf seiner Grundlage in Entschließungen der Parteitage aufgearbeitet werden. Das hat der 19. Parteitag geleistet und das sollte der 20. Parteitag durch die Diskussion, Bearbeitung und Beschlussfassung der Vorlage „Antworten der DKP auf die Krise“ leisten.
Mit großer Sorge müssen wir jedoch feststellen, dass sich in der Partei unterschiedliche Strömungen herausgebildet haben und immer wieder trotz eines allgemeinen Bekenntnisses zum Parteiprogramm bestimmte Grundsatzaussagen infrage gestellt oder relativiert werden. Seit dem 19. Parteitag und besonders im Vorfeld des jetzigen 20. Parteitags konnten die seit langem in der DKP bestehenden Meinungsverschiedenheiten über solche Fragen nicht nur nicht abgebaut werden, sondern sie haben sich weiter vertieft und inzwischen eine solche Schärfe angenommen, das auch vor persönlichen Angriffen und Unterstellungen nicht Halt gemacht wird. Wir sehen darin Gefahren des Auseinanderdriftens bis hin zu möglichen Abspaltungstendenzen.
Wir appellieren darum an Euch, die demokratisch gewählten Delegierten des 20. Parteitags der DKP: Stellt die Gemeinsamkeiten, die uns verbinden und das gemeinsame Handeln in den Vordergrund. Lasst uns zurückkehren zur sachlichen, genossenschaftlichen Debatte über Meinungsverschiedenheiten. Wählt die neue Parteiführung nicht aus dem Blickfeld von Strömungen sondern aus Verantwortung vor der Gesamtpartei, der Geschichte der kommunistischen Bewegung unseres Landes und vor der internationalen kommunistischen Bewegung.
Herbert Mies, Gerd Deumlich, Willi Gerns, Georg Polikeit, Robert Steigerwald |