Gerechter Lohn ?
Was ist eigentlich ein "Gerechter Lohn"? Flugblatt der DKP Göttingen - Zur Anregung gedacht |
In der Tarifrunde forderte die IG Metall für die 3,6 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie 6,5 Prozent mehr Geld. "Das ist nur gerecht und von den Unternehmen auch leistbar", so die IG Metall. Und argumentierte weiter "Gerechtigkeit ist, ´dass jeder den Lohn erhält, den er - gemessen an seiner Leistung - verdient´, sagte kürzlich Martin Kannegiesser, Präsident von Gesamtmetall. Das findet auch die IG Metall." Die DKP-Göttingen beschäftigt sich in einem Flugblatt mit der Forderung nach einem gerechten Lohn, was zur Nachahmung zu empfehlen ist: "Arbeitgeber" sind die Unternehmer und die Beschäftigten sind die "Arbeitnehmer". So benutzen wir die Wörter täglich. Aber eigentlich ist das ja eine Umkehrung der Tatsachen. In Wirklichkeit geben die Arbeiter und Angestellten ihre Arbeit in den Produktionsprozess. Und die Unternehmer nehmen sich die Arbeitsergebnisse. Warum gibt es diese Begriffsverwirrung? Soll damit vielleicht davon abgelenkt werden, wer wirklich der Gebende und wer der Nehmende ist? Und soll damit vielleicht auch eine bestimmte Haltung erzeugt werden? Denn der Gebende wird als Wohltäter angesehen, während der Nehmende dankbar zu sein hat. Gerechter Lohn? Mit dem "gerechten Lohn" scheint es anders zu sein. Schließlich argumentieren wir damit in jeder Tarifverhandlung und auch am 1.Mai. "Wenn wir (im öffentlichen Dienst) schon so viele Jahre stillgehalten haben, dann ist es jetzt nur gerecht, dass unsere Löhne und Gehälter mal wieder kräftiger steigen. Wenn die Unternehmer wieder dicke Gewinne einstreichen, ist es nur gerecht, dass wir auch mal ein größeres Stück vom Kuchen bekommen." Was ist "gerecht"? Gerechtigkeit hat etwas mit Moral zu tun. Gerechtigkeit zwischen Menschen(-gruppen) ist ein Ausgleich, den beide Seiten annehmen können. Das setzt voraus, dass es zwei Seiten gibt, die ein Anrecht haben. Aber, welches Anrecht sollen denn die Unternehmer haben, Gewinne einzustreichen? Alle Güter und Dienste, die in unserer Gesellschaft hergestellt oder geleistet werden, entstehen durch Arbeit, vor allem von Arbeitern und Angestellten, aber auch von Beamten und Selbständigen. Jedenfalls nicht von den Aktionären, Aufsichtsräten, Hedgefonds-Managern, Börsenzockern und Banken. Wenn es also um die Moral ginge, um Gerechtigkeit, dann hätten die alle keinen Teil des gesellschaftlichen Reichtums zu beanspruchen. Aber bekanntlich geht´s bei uns, im Kapitalismus, anders zu. Da die Unternehmer die Eigentümer der Banken und Fabriken sind, wollen sie sowohl über die Arbeitsbedingungen als auch über die Verteilung bestimmen. Im letzten Jahr flossen ca. Eindrittel des Volkseinkommens in ihre privaten Taschen. Wir aber wollen nicht, dass der Reichtum in den Taschen der Reichen landet. Er soll uns, unseren Familien, unseren arbeitslosen KollegInnen, unserer Bildung und Gesundheit, also unserer Gesellschaft, zugutekommen. Inwieweit uns das gelingt, hängt von unserer Stärke in den Tarifkämpfen ab. Mit moralischen Appellen werden die Unternehmer nicht zu beeindrucken sein. Das wissen wir ja eigentlich auch - deshalb bereiten wir ja in den Tarifrunden auch immer Streiks vor, um unsere Stärke zu zeigen. Im Tarifkampf geht´s um die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Des Reichtums, den WIR geschaffen haben! Konkrete Utopie Was wäre wenn die Kapitalisten sich nix mehr vom gesellschaftlichen Reichtum nehmen könnten? Wir rechnen es auf der nächsten Seite durch ... Nehmen wir doch mal an, wir würden unseren Unternehmern das Eigentum an Fabriken und Banken entziehen und damit ihre Möglichkeit, daraus Profit zu schlagen. Sie wären dann ein Teil der Erwerbspersonen unserer Gesellschaft. Erwerbspersonen sind alle, die nicht mehr Kinder und noch nicht Rentner sind. Das waren im letzten Jahr 43,8 Millionen Menschen. Und wir nehmen an, dass alle arbeiten wollen und können (die chronisch Kranken, Schwerstbehinderten, die Eltern in Erziehungsurlaub etc. vernachlässigen wir hier in der Rechnung). Konkrete Utopie oder: Im Jahr 2011 wurde ein Volkseinkommen im Wert von 1 900 Milliarden Euro in 59 Milliarden Stunden erarbeitet. Darüber hinaus wurden noch die Waren produziert, die in der Produktion verbraucht wurden, plus dem Wert des Verschleißes an Maschinen und Gebäuden. (Diese zusammen mit dem oben genannten Volkseinkommen ergeben etwa den Wert des Brutto-Inlands-Produktes - das sogenannte BIP). Wären an der Erarbeitung dieser Werte alle Erwerbspersonen beteiligt, bräuchte jeder pro Woche nur 30 Stunden zu arbeiten - und bekäme vollen Lohn und 6 Wochen Urlaub im Jahr! Jede Erwerbsperson würde natürlich ihren Anteil am erarbeiteten Volkseinkommen bekommen. Hier müssten bei der Entlohnung die verschiedenen Berufe je nach Qualifikation, Schwere der Arbeit, Verantwortung etc. unterschieden werden. Das können wir hier nicht berechnen. Aber durchschnittlich bekäme jede Erwerbsperson 43 000 Euro brutto im Jahr. 30-Stunden-Woche Wir gehen vom heutigen prozentualen Abzug durch Steuern und Sozialabgaben von 35,6 Prozent aus, ziehen allerdings die Arbeitslosenversicherung ab, weil in diesem Gedankenexperiment ja alle Arbeit haben. Mit diesen 34,2 Prozent werden also die Einkommen belastet. Demnach bekäme jeder und jede 2 358 Euro netto im Monat. Da alle Erwerbspersonen diese Steuern zahlen, wären die Kassen von Bund, Ländern und Gemeinden und auch die Renten- und Krankenversicherung besser gefüllt, als sie es heute sind. Auf weitere Einnahmen wie Mehrwert-, KFZ- und andere Verbrauchssteuern könnte also verzichtet werden. Das heißt, die Preise würden um mindestens 20 Prozent niedriger sein. Wenn man das auf das Einkommen draufrechnet, bekommt also jeder und jede einen "gefühlten" Monatslohn von 2 830 Euro netto!
Quelle: http://www.dkp-online.de/uz/aktuell/
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