Neue Züricher Zeitung: "Die neue deutsche Frage"
Bei Theorie+ Praxis ist gestern dieser Artikel erchienen: http://theoriepraxis.wordpress.com/2012/07/21/gerald-oberansmayr-sprung-vorwarts-ins-4-reich/ - "Sprung vorwärts in "Vierte Reich" ". Der Autor reflektiert den Stand und die Ambitionen deutscher Vormachtpolitik in Europa als Basis einer Weltmachtrolle Deutschlands. Mancher Leser mag dazu neigen, die Argumente als übetriebene Befürchtung von Kommunisten abzutun, die diese deutschen Ambitionen seit jeher beargwöhnen und nicht mitgekriegt haben, dass die Zeiten sich verändert haben. Wer nach solchem Achselzucken zur Tagesordnung übergehen möchte, sollte vorher noch einen Blick in die Neue Züricher Zeitung werfen. Das Grossbürgerblatt schreibt heute zum selben Thema das Folgende:
http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/die-neue-deutsche-frage-1.17383545 - Die neue deutsche Frage
Die NZZ biegt zwar diese Frage um in eine sozusagen unfreiwillige "Rolle" Deutschlands, die nicht gewollt herbeigeführt sei. Deutschland werde sich doch nicht "unbeliebt" machen wollen mit der Rolle des "Oberlehrers" und "Zuchtmeisters" Dies ist die diplomatische Interpretation. Die von der NZZ angeführten Fakten und historischen Bezüge sprechen aber eine andere Sprache. Hier einige Zitate aus dem Artikel:
"Die deutsche Frage hat die europäische Politik in den letzten hundert Jahren immer wieder umgetrieben, erst durch den Untergang der DDR schien sie endgültig beantwortet. Mit der Euro-Krise hat jedoch das Nachdenken über die Rolle Deutschlands als Zentralmacht auf dem Kontinent abermals eingesetzt. .... Bereits kursiert der Begriff des Vierten Reichs, und nicht wenige greifen ungeniert in den historischen Fundus, um Berliner Politiker als Epigonen deutschen Grössenwahns zu denunzieren"
"Unterdessen sind die anscheinend unvermeidbaren Anlaufschwierigkeiten des «nation building» überwunden ... (gemeint ist die Eingliederung der DDR) ..., und Berlin pocht auf Haushaltsdisziplin und Solidität. Man hat seinen Sonnenplatz zurückerobert."
"Als die Berliner Mauer einstürzte, fürchteten Margaret Thatcher und François Mitterrand, das wiedervereinte Deutschland werde Europa nach Belieben dominieren. Solange die Bundesrepublik mit ihren Problemen beschäftigt war, schienen diese Ängste obsolet. Heute werden sie, so unbegründet sie auch sein mögen, wieder virulent."
"Die Euro-Krise und die aufbrechenden antideutschen Ressentiments sind indes ein Warnzeichen. Wenn sich Bundeskanzlerin Angela Merkel durchsetzt mit ihrem Plan, nationale Banken und Budgets mit einem neuen supranationalen Apparat in Brüssel zu überwachen, dann wird man dessen Entscheide in den Mitgliedsstaaten auch konsequent durchsetzen müssen. ... Vom Weitblick der deutschen Politik hängt ab, wie die EU in Zukunft aussehen wird: ... ob sie eine supranationale Konstruktion sein wird, die beständiger Kontrolle durch eine Vormacht bedarf."
Die begütigende, abwiegelnde Interpretation der NZZ und die alarmierende kommunistische haben eine ähnliche Tatsachengrundlage. In einer Hinsicht hat die NZZ recht: Deutschland hat noch nicht das Militär, das es für eine Weltmachtrolle braucht. Aber das wird gerade umorganisiert und umgerüstet für weltweite Einsätze. Wenn das "durch" ist - was noch einige Jahre dauern wird - kann man sich an die "notwendige", natürlich nur widerstrebend "den Verhältnissen Recnung tragende" Vergrösserung machen. Die geschichtliche Erfahrung spricht nicht für die Appaesement-Interpretation der NZZ, sondern für die Warnungen der Kommunisten.
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