Schrittzähler und Judenstern

Veröffentlicht auf von Sepp Aigner

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten politischen Ordnungen sind rein zufällig und sind von den Urhebern der Zustände in keiner Weise beabsichtigt: Deutsche Gegenwart. Der Umgang einer dreisten, totalitären, menschenfeindlichen Behörde mit Hartz IV-Empfängern. Aber es betrifft ja bloss eine Minderheit, die ja irgendwie auch selbst schuld ist... Freilich, wenn wir das gewusst hätten ... Das haben wir doch nicht gewollt ...

 

06.12.12
 

von Reinhold Schramm (Zusammenfassung)

 

Schrittzähler für Hartz-IV-Erwerbslose - “Jobcenter-Programm“ 2012 *

 

Analogien aus der Geschichte und zur modifizierten Gegenwart

 

„Das Tragen des Kennzeichens wurde ab September 1939 im besetzten Polen und ab dem 1. September 1941 im Deutschen Reich und in weiteren von Deutschen besetzten Gebieten durch den Reichsminister verordnet. Es markierte den Höhepunkt der 1933 begonnenen, nun öffentlich sichtbaren sozialen Ausgrenzung, Diskriminierung und Demütigung der jüdischen Minderheit. Gleichzeitig diente es ihrer Auffindung für die damals beginnenden planmäßigen Judendeportationen in die Ghettos und Konzentrationslager und schließlich in die Vernichtungslager in Osteuropa. Der Judenstern war damit eine sichtbare Maßnahme zur Durchführung des Holocausts.“ [1]

 

„Eingliederungsvereinbarung“ 2012 (Auszug.)

 

„Halten Sie sich innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches auf, muss sichergestellt sein, dass Sie persönlich an jedem Werktag an Ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von Ihnen benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichbar sind.

 

Zum zeit- und ortsnahen Bereich gehören für Sie alle Orte in der Umgebung Ihres Grundsicherungsträgers, von denen Sie in der Lage sind, Vorsprachen täglich wahrzunehmen.

 

Sie sind verpflicht, Änderungen (z. B. Krankheit, Arbeitsaufnahme, Umzug) unverzüglich mitzuteilen und bei einer Ortsabwesenheit (Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches) vorab die Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners einzuholen.

 

Bei einer nicht genehmigten Ortsabwesenheit entfällt der Anspruch auf Arbeitslosengeld II. auch bei nachträglichem Bekanntwerden. {...}“ [2]

 

Den vereinbarten Eingliederungsbemühungen müssen Sie auch während eines Sanktionszeitraumes nachkommen, auch wenn Ihr Arbeitslosengeld II wegen eines Pflichtverstoßes vollständig weggefallen ist.

 

Auch die Verpflichtung sich bei der im Briefkopf genannten Stelle persönlich zu melden oder auf Aufforderung zu einer ärztlichen oder psychologischen Untersuchung zu erscheinen, bleibt während des Sanktionszeitraumes bestehen. {...}“ (September 2012) [2]

 

„Erlass“ und „Rundverfügung“ 1939

 

Erlass vom 2.12.1939 an die (deutschen) Landräte: „Der Herr Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft hat mit Fernschreiben vom 2. Dezember 1939 den Verkauf von Schokoladenerzeugnissen (Tafelschokolade, Pralinen und sonstige Kakaoerzeugnisse) und Lebkuchen aller Art an Juden mit sofortiger Wirkung untersagt. – Sie werden ersucht, die Gemeindebehörden anzuweisen, die Einzelhandelsgeschäfte hiervon umgehend zu verständigen. Von einer öffentlichen Bekanntmachung ist abzusehen.“ -

 

Am 13.9.1939 war durch Rundverfügung die „Zuweisung von besonderen Lebensmittelgeschäften für Juden“ vorgesehen. In der Verfügung hieß es u. a.: „Es hat sich herausgestellt, dass nach Einführung der Bezugsscheine für lebenswichtige Güter sich auch Juden in Käuferschlangen vor den Lebensmittelgeschäften eingereiht haben. Die Juden wirken allein durch ihre Anwesenheit provozierend. Keinem Deutschen kann zugemutet werden, sich zusammen mit einem Juden vor einem Geschäft aufzustellen.“ [3]

 

[1] Judenstern – Wikipedia
de.wikipedia.org/wiki/judenstern

 

[2] Auszug: Hartz-IV- „Eingliederungsvereinbarung“ - „Jobcenter Berlin {...}“, 20.09.2012

 

[3] Vgl. Victor Klemperer: Tagebücher 1937 - 1939, Aufbau Taschenbuch Verlag, siehe Anmerkungen 179, S. 181.

 

* Seit Anfang der Woche habe das „Jobcenter“ in der Stadt Brandenburg/Havel 18 ältere Hartz-IV-Bezieher mit Schrittzählern ausgestattet. Diese Geräte zeichneten 40 Tage lang jeden Schritt der Hartz-IV-Betroffenen auf, berichtete die Sprecherin der „Bundesagentur für Arbeit“ (BA) in Nürnberg.
(Vgl. t-online.de, 05.12.2012: »Schrittzähler sollen Hartz-IV-Empfänger auf Trab bringen«)


VON: REINHOLD SCHRAMM (ZUSAMMENFASSUNG)



Quelle: http://www.scharf-links.de/41.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=30818&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=28b48f57d8





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