Die Lage um die libysche Hauptstadt Tripolis bleibt unübersichtlich, unabhängige Berichte über die tatsächliche Situation fehlen. Offensichtlich sind Einheiten der Aufständischen in Tripolis eingedrungen. Ob sie jedoch, wie sie selbst melden, den größten Teil der Stadt unter ihrer Kontrolle haben, ist fraglich. Zumindest scheint das staatliche Fernsehen noch empfangbar zu sein, was gegen eine umfassende Kontrolle des libyschen Zentrums spricht. Im I nternet sind die Kanäle jedoch bereits seit Tagen nicht mehr empfangbar, auch die Homepage des staatlichen Rundfunks LJBC ist offline. Das Onlineportal Mathaba dokumentiert jedoch Auszüge aus den Stellungnahmen von Staatschef Muammar al-Gaddafi, der sich am Sonntag per Telefon über das staatliche Fernsehen an die Bevölkerung und seine Anhänger wandte: »Sie sind gekommen, sie haben Tripolis besetzt. Wie könnt ihr es den Kolonialisten erlauben, Tripolis wieder zu besetzen? Das ist nicht hinnehmbar! Tripolis ist wie Bagdad geworden, es wird jetzt zerstört. Das muss jetzt enden, das sollte nicht passieren! Geht raus und bekämpft sie! Alle Stämme müssen ihre Heime verlassen und kämpfen! Verteidigt Tripolis, wie es gegen die Italiener verteidigt wurde! Kommt alle und verteidigt Tripolis, oder ihr werdet morgen Sklaven sein! Die Franzosen werden euch besetzen, wie es die Italiener getan haben! Ihre Ankunft hat begonnen. Hier ist kein Raum für Besatzer!« Auch Regierungssprecher Moussa Ibrahim wandte sich am Sonntag bei einer Pressekonferenz erneut an die in Tripolis versammelten Journalisten. Die Welt sei Zeuge und dafür verantwortlich, welche Verbrechen die NATO durch die Ausweitung ihrer Bombenangriffe auf Tripolis und Umgebung an den Menschen dort begehe. Allein im Verlauf des Sonntag seien innerhalb von elf Stunden – zwischen Mittag und 23 Uhr Ortszeit – mehr als 1300 Menschen getötet und 5000 verletzt worden, sagte Moussa Ibrahim unter Berufung auf das Libysche Allgemeine Volkskomitee für Gesundheit. »Die Welt kann sehen, dass eine friedliche Stadt, in der Journalisten über viele Monate leben konnten, von der NATO angegriffen wird. Sie attackieren das Herz einer friedlichen, zivilen Stadt, eine Armee, die in Defensivpositionen steht, und Freiwillige, die aus ihren Häusern gekommen sind und ihre Mütter, Väter, Schwestern und Brüder verlassen haben, um ihre Stadt zu verteidigen.« Die NATO gebe den »bewaffneten Banden« Deckung, die kein politisches Projekt hätten. »Die Rebellen wollen Rachen, angefüllt von Hass, unterstützt von Stammeskonflikten und Bitterkeit aus den vergangenen Jahren. Sie wollen diese Stadt zerstören und vor allem die Stämme, Bürger und Nachbarn, die für ihre Unterstützung für Muammar Gaddafi bekannt sind«, erklärte der Regierungssprecher. Weiter überschlagen sich die Nachrichten. Am Morgen hatte der arabische Fernsehsender Al-Jazzeera gemeldet, aus der Residenz von Staatschef Gaddafi seien Panzer ausgerückt, die in der Innenstadt das Feuer auf die Aufständischen eröffnet hätten. Die unabhängige Journalistin und Bloggerin Lizzie Phelan wurde am Montag vormittag in dem Blog »LIBYA 360°« mit den Worten zitiert, sie habe nun zuverlässige Informationen erhalten, dass die libysche Regierung weiter die Kontrolle über die Hauptstadt habe. Die von Al-Jazzeera verbreiteten Bilder von Rebellen auf dem »Grünen Platz« im Zentrum seien eine Fälschung gewesen. Statt dessen sei Gaddafi selbst in Begleitung eines seiner Söhne über den Platz gegangen. Italiens Regierungssprecher Franco Frattini behauptete dagegen nahezu gleichzeitig, die Regierungstruppen kontrollierten nur noch 10 bis 15 Prozent der Hauptstadt. Der »entscheidende Schlag« sei den Rebellen mit der Festnahme von Gaddafis Söhnen gelungen. Der »Übergangsrat« der Rebellen hatte zuvor die Verhaftung von drei Söhnen Gaddafis gemeldet: Saif al Islam, Saadi und Mohamed befänden sich in der Gewalt der Aufständischen. Ein Sprecher der Aufständischen in London erklärte sogar, die Rebellen hätten bereits »95 Prozent« der Hauptstadt unter ihrer Kontrolle. Südafrikas Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane dementierte Gerüchte über eine Flucht des Staatschefs in ihr Land. Ihre Regierung habe auch kein Flugzeug nach Tripolis geschickt, um Gaddafi abzuholen. Quelle: http://www.redglobe.de/afrika/libyen/4616-rebellen-und-nato-stuermen-tripolis __________ update: Die CIA führt das Kommando - eine Einschätzung von Daniel Neun: http://www.radio-utopie.de/2011/08/22/live-ticker-und-einschatzung-zur-situation-in-tripolis-und-libyen/ |